Gelsenkirchen. . Bei den Eignungstests der Gelsenkirchener Feuerwehr fallen 80 bis 90 Prozent der Bewerber durch das Raster. Woran es hapert, lesen Sie hier.

  • Gelsenkirchener Feuerwehr beklagt Personalnot und das mangelnde Niveau vieler Bewerber
  • Von 200 bis 300 Bewerbern blieben zuletzt noch 21 übrig, zehn werden im April eingestellt
  • Lohnanhebung könnte den Beruf des professionellen Retters für viele attraktiver machen

Das Land will die Ausbildung zum Brandmeister aufwerten und den Lohn von Feuerwehr-Auszubildenden für den mittleren Dienst in den Städten erhöhen, um den Personalmangel in Berufsfeuerwehren in den Griff zu bekommen. Die WAZ hat bei Feuerwehr-Chef Michael Axinger nachgefragt, was er von der Idee hält und sich die Lage in Gelsenkirchen schildern lassen.

„Ich halte das prinzipiell für eine gute Sache, so würden Anwärter finanziell besser gestellt und erleben keinen Gehaltsrückschritt“, sagt Michael Axinger. Hintergrund: Feuerwehr-Anwärter müssen eine abgeschlossene, oft handwerkliche Ausbildung vorweisen, erhalten als Lohn seit dem 1. Januar von der Stadt aber nur 1185 Euro brutto – deutlich weniger als beispielsweise ein Tischler-Geselle, der nach Angaben des Portals Gehalt.de mit einem Einstiegsgehalt von 1470 bis 2100 Euro brutto entlohnt wird. Die Aufwertung des niedrigen Einstiegsgehalts für Brandmeister-Kandidaten im Vergleich zur Konkurrenz aus der freien Wirtschaft könnte, so Axinger weiter, die Attraktivität des Berufsbildes Feuerwehrmann deutlich erhöhen.

200 bis 300 Bewerber im Jahr

Branddirektor Michael Axinger.
Branddirektor Michael Axinger. © Martin Möller

Damit wäre ein Kernproblem gelöst, grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Nachwuchsrekrutierung sind damit aber noch lange nicht aus dem Weg geräumt. Und das hängt mit der Qualifikation der Bewerber zusammen.

„Es bewerben sich jährlich etwa 200 bis 300 junge Menschen bei der Gelsenkirchener Feuerwehr“, schildert Branddirektor Michael Axinger die Lage. Aus dem jüngsten Auswahlverfahren sind nur 21 Kandidaten übrig geblieben, zehn werden zum 1. April ihre Ausbildung bei der Feuerwehr antreten.

Begrenzte Fähigkeiten

Dass so viele Bewerber durch das Raster fallen, liegt indes weniger an einer schier unüberwindlichen Messlatte, die die Feuerwehr an die Nachwuchskräfte legt, sondern schlichtweg daran, das grundlegende Fähigkeiten nicht vorhanden sind. „Dabei“, so erklärt Axinger, „sind unsere Anforderungen weder geheim noch unerfüllbar. Man kann auf den Punkt, also auf das Auswahlverfahren, hinarbeiten.“ Oft hapere es da beim Anwenden von simplen Grundrechenarten, Prozentrechnen oder Dreisatz. Teilweise eklatant seien die Lücken bei Grammatik und Rechtschreibung. Bei den sportlichen Tests versagten viele „beim Schwimmen und in den Laufdisziplinen, bei denen etwas Kondition gefragt ist.“

Die Mängel haben mittlerweile ein solches Ausmaß erreicht, dass die Feuerwehr seit geraumer Zeit dazu schon neigt, bei einem Defizit in Mathe oder beim Allgemeinwissen mal ein Auge zuzudrücken.

Sporthochschule entwickelt neuen Eignungstest

Dass die Personalnot dennoch nicht so groß ist, wie die Schilderungen es vermuten lassen, liegt an einem glücklichen Umstand: Oft wechseln Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr GE zu den „Profis“. Die Zugangsvoraussetzungen für beide Wehren sind die gleichen.

Für den nächsten Einstellungstermin bei der Feuerwehr (1. April 2018) wird es ein neues Auswahlverfahren geben. Die Sporthochschule Köln erarbeitet dazu gerade einen „landeseinheitlichen und geschlechterneutralen Test“.

Apropos Sporthochschule: Die angesehene Kölner Uni hat dasselbe Problem wie die Feuerwehr. Viele Studienanwärter scheitern auch da bereits am Eignungstest.