Gelsenkirchen. . Seit 1987 erhalten Kinder von dem weißbärtigen Mann des katholischen Jugendtreffs der Amigonianer persönliche Worte und kleine Geschenke.
„Lustig, lustig tralalalala...“: Lauthals singt der Nikolaus gemeinsam mit einer Gruppe Amigonianer und der libanesischen Familie Hussein Mohamad das altbekannte Nikolauslied. Mittlerweile ist das Tradition. Seit 1987 besucht der Nikolaus des katholischen Jugendtreffs der Amigonianer in der Weihnachtszeit muslimische Familien in Feldmark, Heßler und Rotthausen. Jährlich findet dann in den Wohnungen eine kleine Zeremonie statt.
"Meine Engelchen beobachten euch das ganze Jahr"
Auch in diesem Jahr sucht der Nikolaus an die 60 Familien auf, um die Kinder zu mahnen, aber auch zu loben. Die kleine Layal schaut mit gespannten Augen zu dem Mann mit weißem Bart, goldenem Stab, Bischofsmütze und rotem Mantel. „Meine Engelchen beobachten euch das ganze Jahr und gucken, ob ihr lieb gewesen seid. Ich habe gehört, manchmal streitest du dich mit deinem Bruder, aber ansonsten bis du ein ganz liebes Mädchen“, spricht der Nikolaus zu der Dreijährigen, während er in sein goldenes Buch blickt. „Und wie ich sehe, malst du auch gerne“, fügt er hinzu, als das kleine Mädchen ihm stolz ein selbstgemaltes Bild überreicht. Auch der elfjährige Jusef, Layals älterer Bruder, bekommt ein paar Worte des bärtigen Mannes mit Mytra und Bischofsstab zugetragen: „Ich habe gehört, du magst es nicht, dein Zimmer aufzuräumen, gehst aber dafür aber gern zur Schule und spielst Fußball und Tischtennis.“
Nachdem auch die Cousinen Rayan, Safia und Jasmin die Worte des Nikolauses gehört haben, darf sich jedes der Kinder ein Stofftier aus einem großen Sack aussuchen. Zusätzlich gibt es eine Weihnachtstüte, gefüllt mit Süßigkeiten und Obst. von den Nikolaus-Helfern überreicht. Leyal strahlt, als sie einen flauschigen Teddy in den Händen halten darf. Der jugendliche Alako, ebenfalls ein Familienmitglied, kennt den Nikolaus-Besuch noch aus seiner Kindheit. „Ich fand das immer super. Wir haben als Familie zusammengesessen und wurden beschenkt. Ich weiß noch, vor dem goldenen Buch hatte ich immer mehr Respekt als vor meinen Schulzeugnissen“, verrät der 19-Jährige mit einem breiten Grinsen. Nachdem die kleine Bescherung beendet ist, wird noch einmal fröhlich gesungen. „Nikolaus ist ein guter Mann....“ schallt es in dem Wohnzimmer der libanesischen muslimischen Familie, bevor der Nikolaus sich verabschiedet und auf den Weg zu der nächsten Familie macht.
Eine Form von Integration
„Die meisten Kinder, die unser Nikolaus besucht, kommen regelmäßig in unsere Einrichtung oder sind Freunde und Familien unserer Jugendlichen. Viele kenne ich schon seit Jahren“, erklärt Michael Niehaus, der Leiter des Jugendtreffs an der Aldenhofstraße. „Ich merke, die Aktion ist eine Form von wechselseitigem Respekt und kommt gut an. Die Familien haben auch nicht das Gefühl, dass wir sie bekehren wollen – im Gegenteil, sie fühlen sich in unsere Gesellschaft integriert“, fügt der 44-Jährige hinzu.