Gelsenkirchen. Die IG Metall sieht beim Betriebs-Übergang von Hese zu Voith Rechtsverstöße. Die Gewerkschaft unterstützt ehemalige Mitarbeiter beim Gang vor Gericht.

In Schieflage geriet die Maschinenfabrik Hese 2014. Der Traditionsbetrieb, seit 1905 groß geworden als Bergbauzulieferer und Spezialist für Fördertechnik und Schachtförderung, strich im Mai 2015 die Segel. Die fast 100-köpfige Belegschaft wechselte großteils in eine Transfergesellschaft. Doch das Aus für Hese war nicht das Ende des Betriebs in Schalke.

Der Voith-Konzern, Branchenriese mit 39.000 Mitarbeitern und weltweit rund 5,3 Milliarden Euro Umsatz – übernahm den Standort und beschäftigt nun einen Teil der Altbelegschaft. Was nach einem Teilerfolg für den Wirtschaftsstandort Gelsenkirchen aussieht, treibt die lokale IG Metall um. Sie wittert einen „wirtschaftskriminellen Vorgang“ nach – von anderen Firmen ebenfalls praktiziertem – „Lemgoer Modell“, so der 1. Bevollmächtigte Robert Sadowsky.

Vertrag mit Transfergesellschaft abgeschlossen

Ausgehebelt wurde aus Sicht der Gewerkschafter „der § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches“. Er regele, dass wegen eines Betriebsübergangs niemand „entlassen werden darf und dass für mindestens ein Jahr die bestehenden Arbeitsverträge nicht zu Ungunsten der Beschäftigten verändert werden dürfen“, so Sadowsky.

Doch habe Voith offenbar zur Voraussetzung der Übernahme der Maschinenfabrik gemacht, „dass die Beschäftigten einen Aufhebungsvertrag mit Hese und einen gleichzeitigen neuen Vertrag mit einer Transfergesellschaft abschließen. Von dieser Transfergesellschaft übernahm Voith dann die Beschäftigten, die Voith benötigte, um die Hese-Produkte weiter anbieten zu können“, und wegen dieser „Zwischenstation“ handele es sich dann angeblich nicht um einen Betriebsübergang.x

Sadowsky: „Die Kumpels sind sauer, die erwarten, dass wir was machen“

„Meiner Ansicht nach handelt es sich um einen Versuch, arbeitsrechtliche Bestimmungen zu umgehen. Die Kündigung findet faktisch statt, wobei die soziale Auswahl zusätzlich missachtet wird“, sagt Sadowsky. Seine Sicht stützt ein Experte wie der Kölner Uni-Professor Christian Rolfs: „Versuche, die Rechtsfolgen des § 613 a BGB beim Betriebsübergang zu umgehen, sind fast so alt wie die Vorschrift selbst. Berühmt geworden ist das ,Lemgoer Modell’, in dem der Betriebsveräußerer mit Arbeitnehmern Aufhebungsverträge abschloss, die die Arbeitsverhältnisse zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs beenden sollten. Der Betriebserwerber schloss sodann neue Arbeitsverträge - mit den ihm genehmen Inhalten.“

Die IG Metall sucht nun die gerichtliche Auseinandersetzung und die Konfrontation. Auch aus Prinzip. „Die Kumpels sind sauer, die erwarten, dass wir was machen“, so Sadowsky. „Wir werden das als IG Metall durchziehen, auch weil wir auf Dauer eine geänderte Gesetzesregelung wollen.“ 24 Ex-Mitarbeiter haben Klage beim Arbeitsgericht erhoben.