Gelsenkirchen. Akzeptanz und Respekt vor einander und der jeweiligen Religion des Gegenüber: Mit diesem Thema stießen die Vertreter der muslimischen, jüdischen und christlichen Gemeinde auf offene Ohren im Berufskolleg für Technik und Gestaltung.

„Ich werde ständig als ‘Scheiß Türke’ oder ‘Dummer Kanake’ beschimpft“, wirft ein Schüler des Berufkollegs für Technik und Gestaltung bei der gestrigen Podiumsdiskussion „Live together“ in den Raum. Viele seiner Mitschüler pflichten ihm bei, für sie stünden ähnliche Beschimpfungen an der Tagesordnung. Die Verletzung sitzt tief. Betroffenheit in den Gesichtern der Religionsvertreter, die zu dieser Veranstaltung geladen waren. Kann es wirklich sein, dass junge Menschen in Deutschland unter solch feindseligen Umständen aufwachsen müssen?

Schwieriger Sommer für die jüdische Gemeinde

Leider musste Judith Neuwald-Tasbach, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, in diesem Sommer auch diese Erfahrung machen: „Dieser Sommer war nicht leicht für unsere Gemeinde. Ein Fenster unserer Synagoge wurde eingeschlagen. Wir haben Drohungen per E-Mail erhalten, viele unserer jungen Gemeindemitglieder hatten Angst, sich in der Öffentlichkeit als Juden zu bekennen“, erzählt sie bestürzt.

Vor allem im Dialog unter den Schülern kristallisiert sich schnell heraus, dass Vorurteile vorhanden sind: „Es fängt doch schon bei der Wahl der Freunde an. Viele von meinen türkischen Mitschülern bleiben lieber unter sich, das sind feste Cliquen, da komme ich gar nicht rein, um mit ihnen in den Dialog zu treten“, meint ein Jugendlicher und wird sofort von seinem Mitschüler in die Schranken gewiesen: „Wenn du in eine Clique rein willst, musst du dich selbst dazu aufraffen. Da kommt keiner auf dich zu und fragt, ob du dich dazusetzen willst!“

Akzeptanz statt Toleranz

Auf Eigeninitiative und Zivilcourage setzt auch Achim Deimann, Kriminalhauptkommissar der Polizei Gelsenkirchen: Gute Integration und Präventionsarbeit seien der Schlüssel zu einer friedlichen Gesellschaft: „Statt Toleranz, die lediglich die Duldung einer Situation oder Person bedeutet, sollten wir mit Akzeptanz aufeinander zugehen.“

Den größten Beifall erhielt an diesem Tag Halil Aytuna, Vertreter des Zentrum für Integration und Bildung (ZIB): „Wir können nur in Frieden miteinander leben, wenn wir uns kennenlernen! Jeder mag anders sein, aber vor Gott sind wir alle gleich.“ Da pflichtete ihm Kirsten Sowa, Pfarrerin der evangelischen Emmaus Kirchengemeinde Gelsenkirchen, bei und erklärte, dass alle Gotteshäuser sich über Besuch freuen: „Jeder ist dazu eingeladen, vorbeizukommen und sich zu informieren!“

„Wir sind alle Gelsenkirchener!“

Ein Schüler des Berufskollegs brachte das Ergebnis der Diskussion auf den Punkt: „Wir sind keine Deutschen oder Türken, Christen oder Muslime. Wir sind Gelsenkirchener!“