Gelsenkirchen. . Die Premiere für das Freitagsgebet für muslimische Männer im Gelsenkirchener Gefängnis fällt auf den Tag, an dem muslimische Verbände bundesweit zum Friedensgebet aufgerufen haben, um sich von dem Terror des Islamischen Staats zu distanzieren. Ziel: Häftlinge sollen sich nicht abgeschnitten fühlen.

Das christliche Kreuz ist an die Seite gestellt, die Stühle sind aufeinander gestapelt, die bunten Gebetsteppiche ausgerollt. Wer einen Blick durch ein Fenster im Vorraum der Männerkirche wirft, sieht auf Rollen von Stacheldraht und vergitterte Fenster.

Ein Imam wartet auf die Häftlinge. Mit ihm warten Vertreter des türkischen Generalkonsulats in Münster, der Ditib-Gemeinde in Gelsenkirchen-Bismarck, eine Pastorin, ein privater Fernsehsender, JVA-Leiter Carsten Heim und mehrere Polizisten. Ein großer Bahnhof für eine Premiere: Es ist das erste Freitagsgebet in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Gelsenkirchen.

Termin ist reiner Zufall

Dass die Premiere auf den Tag fällt, an dem die großen muslimischen Verbände bundesweit zum Friedensgebet aufgerufen haben, um sich von dem Terror des Islamischen Staats zu distanzieren, ist allerdings reiner Zufall. „Aber in diesen schwierigen Zeiten ist es ein schöner Zufall“, betont Sedat Kapusuz vom Vorstand der muslimischen Gemeinde in Bismarck. Vielleicht begegnet ihm hier einer seiner Klienten. Kapusuz ist Fachanwalt für Strafrecht.

Während es Seelsorge für Christen in Gefängnissen schon lange gibt, ist die religiöse Betreuung muslimischer Häftlinge eher noch die Ausnahme. In der JVA Gelsenkirchen will man diesem Grundrecht nachkommen. Ein Imam hält zukünftig jede Woche das traditionelle Freitagsgebet.

550 Häftlinge sitzen in der Aldenhofstraße 99 ein, davon 55 Muslime verschiedener Nationalitäten. 24 hatten beim Probelauf in der vergangenen Woche „Interesse gezeigt“, sagt JVA-Leiter Heim, 17 sind an diesem Freitag in den Andachtsraum gekommen, der von allen Konfessionen genutzt wird. Ein eigener Gebetsraum sei geplant, sagt Heim, „aber wir gucken erst mal, wie das angenommen wird.“ Ihn freut das Angebot, weil es auch ein Wunsch der Häftlinge ist.

Teilnehmer melden sich an

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Das Freitagsgebets ist zuvor per Aushang und Durchsage angekündigt worden. Insassen, die teilnehmen wollen, müssen sich anmelden. In den Reihen hocken Vorbeter, Offizielle und Häftlinge neben- und hintereinander. Was die Männer auf dem Kerbholz haben, weiß der Imam nicht, aber die Gemeinde in Bismarck hält kontinuierlich Kontakt zu den muslimischen Häftlingen, damit sie sich nicht ganz von der Außenwelt abgeschnitten fühlten, sagt Rechtsanwalt Sedat Kapusuz.

Bringt das Freitagsgebet die Häftlinge auf den rechten Weg? Für den Juristen ist es auf jeden Fall „ein wichtiger Beitrag zur Resozialisierung“. Schließlich gehe es beim Freitagsgebet nicht nur um die Auslegung des Koran, sondern auch um allgemeine Themen des Lebens wie Toleranz und friedliches Miteinander.