Gelsenkirchen. Immer wieder Sonntags lädt die Neue Philharmonie Westfalen Musikfans zum musikalischen Dialog, derzeit mit Haydn. Diesmal setzte man sich unter Leitung von Bernhard Forck mit dem Jahr 1685 auseinander. Wen das Ergebnis interessiert, kann es sich heute noch einmal anhören – in einer Kirche.

Das zweite Sonntagskonzert der Neuen Philharmonie Westfalen im Kleinen Haus des Musiktheaters im Revier am Sonntagabend avancierte zum „echten“ Schlosskonzert – und das lag nicht nur an der barocken Musik, sondern auch an der beschaulichen Kulisse.

Denn im Hintergrund war schon das Bühnenbild für die in wenigen Tagen stattfindende Premiere des Kinderstücks „Das Gespenst von Canterville“ aufgebaut. Sogar die britische Flagge im Hintergrund passte da ins Bild. Denn das erste Werk des Abends, Auszüge aus Georg Friedrich Händels „The Alchemist“/„Rodrigo-Ouvertüre“, hatte Händel einst in England bekannt gemacht, wo er sich später niederließ.

Konstanter Cembalo-Einsatz

Beschwingt und fröhlich kamen dabei Händels Tänze daher – und Barockspezialist Bernhard Forck, der von der Berliner Akademie für Alte Musik angereist war und bei diesem Konzert zugleich dirigierte und die erste Geige spielte, verdeutlichte die frappierenden Unterschiede zur Arbeitsweise Johann Sebastian Bachs, indem er dessen „Konzert für Violine und Orchester in E-Dur“ direkt folgen ließ.

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Auch Bach spannte schwungvolle barocke Bögen, sorgte aber mit konstantem Cembalo-Einsatz für eine viel strengere Grundstimmung.

"KeK - Kunst entdeckt Kirche"

Das Ensemble der Neuen Philharmonie Westfalen arbeitete diese Nuancen mit großer Akribie heraus. Fast unglaublich, dass beide Komponisten im gleichen Jahr, nämlich 1685, geboren worden waren. Genauso wie der dritte im Bunde, der Italiener Domenico Scarlatti, dessen Klaviersonaten Charles Avison einst zum „Concerto grosso Nr. 6 in D-Dur“ umgearbeitet hatte. Wie sehr die Vorarbeiten dieser Komponisten die Werke von Joseph Haydn beeinflusst hatten, stellten das NPW-Ensemble und Bernhard Forck mit dessen „Sinfonie Nr. 70 in C-Dur“ heraus. Urbarocke Elemente wie ein Fugensatz trafen hier auf den für Haydn typischen Spielwitz mit Pauken und Trompeten. Ein sehr lehrreicher und kurzweiliger Dialog der Musikwelten!

Das gleiche Konzert ist in identischer Besetzung übrigens am heutigen Dienstag in der Matthäuskirche noch einmal zu hören. Allerdings in einer völlig anderen Atmosphäre. In der Reihe „KeK - Kunst entdeckt Kirche“ spielt die Neue Philharmonie das Programm in der Matthäuskirche an der Cranger Straße 81, und zwar ab 19.30 Uhr. Karten und Info unter Tel. 3809349.