Gelsenkirchen.

Am Himmel war die Hölle los! Ein grandioses Naturschauspiel gab es am Sonntag über dem Revier zu erleben: Die Kraniche zogen gen Süden.

Tausende von Kranichen zogen in ihren markanten V-Formationen vor allem in der Mittagszeit laut trompetend direkt über Gelsenkirchen hinweg in Richtung Süden. Das tun sie zwar in jedem Jahr, außergewöhnlich aber war am Sonntag die Masse an Vögeln, die am leuchtend blauen Himmel bestens zu beobachten war.

Die Vögel des Glücks faszinieren

„Die Flugschar wollte einfach nicht abreißen, das habe ich so noch nie erlebt“, freut sich Stephan Lacher, Vorsitzender der Kreisjägerschaft und intensiver Beobachter der Natur, über das himmlische Spektakel. „Dass sich das so an einem Tag gestaut hat, das hat mich überrascht“, staunte auch Tanja Rattay vom Naturschutzbund (Nabu) Gelsenkirchen.

Wie viele andere Menschen auch stand sie begeistert im Freien, um die riesige Flugschar zu beobachten: „Das war faszinierend.“ Auf Facebook posteten auch Gelsenkirchener rasch die ersten Fotos der Flugschar. Die gewaltige Menge der majestätisch am Himmel schwebenden Tiere brachte zudem einige besorgte Anrufer auf den Plan: „Eine Frau hatte gar den Eindruck, die Tiere würden verwirrt fliegen.“ Der Nabu beruhigte: Die Kraniche waren in der Spur.

"Die Vögel nutzen klug die Thermik aus"

Das konnte auch Stephan Lacher bestätigen: „Gerade die Kraniche fliegen sehr koordiniert, sind ja nicht zuletzt deshalb das Symbol der Lufthansa.“ Außerdem galten sie in der griechischen Mythologie als Zeichen der Wachsamkeit und der Klugheit. „Vogel des Glücks“ nennt man die Kraniche bis heute.

Dass am Sonntag dennoch der Eindruck entstehen konnte, einige Vögel hätten sozusagen den fliegerischen Faden verloren, kann Lacher erklären: „Die Vögel nutzen klug die Thermik aus. Dafür sammeln sie sich manchmal wie in einem Strudel und schrauben sich dann zusammen in die Höhe.“ Ab dann geht der elegante Formationsflug wieder ruhig weiter.

Viele Verluste über Gibraltar

Eine anderer Frage, die gestern auch an Lacher mehrfach herangetragen wurde: Waren das ausschließlich Kraniche oder auch Gänse? Auch da kennt Lacher eine klare Antwort: „Das waren Kraniche, auch wenn Gänse mit ihren lang gestreckten Hälsen ähnlich fliegen.“ Die Gänse aber nehmen eine leicht andere Flugrichtung gen Westen, peilen den Niederrhein und die Niederlande an.

Warum aber gerade am Sonntag der Flugraum so voll war, das weiß auch Lacher nicht: „Der Vogelflug hat seine eigenen Gesetzmäßigkeiten. Aber die Natur hat sich in den letzten Jahren schon sehr verändert.“ So gelte auch die Regel, dass mit dem Abzug der Kraniche der Winter einsetze, nicht mehr unbedingt: „Zu Weihnachten habe ich auch schon Amseln singen hören.“

Die Kraniche treffen auf ihrem langen Weg in den Süden zwar nicht auf natürliche Feinde, dennoch kommen nicht alle am Ziel an. Der Düsseldorfer Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Holger Sticht: „Besonders über Gibraltar gibt es viele Verluste.“ Auch in den nächsten Tagen werden , so Sticht, noch Kraniche überm Revier zu sehen sein.