Gelsenkirchen. In einer neuen WWF-Studie unter dem Titel “Dirty Thirty“ landet das Scholvener Eon-Steinkohle-Kraftwerk auf Platz 17 der klimaschädlichsten Anlagen in Europa. Deutschlandweit gilt es demnach als klimaschädlichstes Werk in der Kategorie Steinkohle. Eon widerspricht der Studie.
Das dreckigste deutsche Steinkohlekraftwerk Europas steht in Scholven. Mit einem Ausstoß von 10,22 Millionen Tonnen Kohlendioxid im Jahr gilt es laut einer Studie der Umweltorganisation WWF (World Wide Fund For Nature), die gestern in Berlin vorgestellt wurde, als eines der klimaschädlichsten Kraftwerke in Europa.
Unter dem Titel „Dirty Thirty“ hatte der WWF Kohlekraftwerke und ihre CO2-Emissionen untersuchen lassen. Auf Platz 2 bis 12 landeten ausschließlich deutsche Braunkohlekraftwerke. Auf Platz 17 folgte das erste Kohlekraftwerk der Eon in Scholven.
„Bei Scholven handelt es sich um einen sogenannten Mehrblockstandort, das heißt: Hier stehen sechs Kraftwerke gebündelt an einem Standort“, sagt Eon-Sprecher Markus Nitschke. Die Herangehensweise des WWF sei daher wenig zielführend. „Die Betrachtung allein der Größe von Kraftwerksstandorten gibt keine Auskunft über die Effizienz und damit die Klimafreundlichkeit der einzelnen Kraftwerke.“
Der WWF bemängelt, dass die Kraftwerke mit ihren hohen Kohlenstoffdioxid-Emissionen Europas Klimaschutzarbeit torpedierten. „Will Europa seine Klimaschutzziele, muss es seine Kohlenstromanteile bis 2035 auf vier Prozent absenken“, so WWF-Sprecherin Sylvia Ratzlaff.
Greenpeace-Studie aus dem Jahr 2013
Die WWF-Studie spiegelt allerdings das Ergebnis einer Greenpeace-Studie aus dem letzten Jahr wider. Demnach sollte das Kraftwerk in Scholven rechnerisch für jährlich 129 Todesfälle verantwortlich sein. Auf der Hitliste der gesundheitsschädlichsten Kohlekraftwerke Deutschlands nahm es den achten Platz ein.
Das Eon-Kraftwerk in Scholven
Seit mehr als 50 Jahren versorgen die fünf Blöcke des Kraftwerks Scholven drei Millionen Haushalte in der Region mit Strom und Fernwärme. Es ist, laut Eon, eines der größten Steinkohlekraftwerke in Europa.
Darüber hinaus liefert die Anlage Fernwärme in sechs Städte des Ruhrgebiets und Prozessdampf für umliegende Industrie. Der Rohstoff Steinkohle kommt zum Teil aus den Zechen in Marl und Bottrop.
Auf Basis von Daten und Modellen, die das Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart ermittelt hatte, veröffentlichte die Umweltschutz-Organisation die Studie „Tod aus dem Schlot“, die Scholven als einziges Steinkohle-Kraftwerk unter lauter Braunkohle-Betrieben in den „Top Ten der tödlichsten Kraftwerke“, so Greenpeace, einreihte.
Schadstoffe werden reduziert
Ende 2014 wird die Umweltbelastung im Gelsenkirchener Norden allerdings reduziert. Eon hat bekanntlich bei der Bundesnetzagentur die Stilllegungen der Kraftwerksblöcke Scholven D, E und F zum 31. Dezember 2014 angekündigt. „Damit wird der Standort Scholven zum Jahresende ohnehin um mehr 50 Prozent reduziert“, sagt Markus Nitschke. Insgesamt gehen damit 1360 Megawatt vom Netz. Die Kehrseite der Medaille: Etwa 150 Arbeitsplätze sind von der Stilllegung betroffen.