Gelsenkirchen.

Natur ist etwas Schönes – bis sich beim Spaziergang im Nordsternpark die Blase füllt und kein Örtchen in Sicht ist. Also ab in die Büsche? Wem diese Hinwendung zur Natur zu buchstäblich erscheint, kann mittelfristig vielleicht aufatmen: Der Behindertenbeirat hat ein öffentliches WC für das frühere Buga-Gelände gefordert. Dass dort mitten im Grünen weder Strom- noch (Ab-)Wasseranschlüsse liegen, muss kein Hinderungsgrund sein, so Dr. Siegbert Panteleit, bei Gelsendienste verantwortlich für öffentliche Toiletten. Nach seiner Idee könnte dort das erste „Bio-WC“ der Stadt installiert werden.

Unterdruck führt Gerüche ab

Gemeint ist eine autarke, kompostierende Toilettenanlage, die aus einem stabilen, vorgefertigten Holzhaus mit ein bis zwei Kabinen auf einer Bodenplatte besteht. „Ein Behälter fängt die Fäkalien auf und zersetzt die festen Bestandteile, so dass eine Wasserspülung gar nicht mehr nötig ist“, erläutert Panteleit das abgeschlossene System – das allerdings nur mit Hilfe von Sonne richtig funktioniert. Nur durch deren Einstrahlung auf den schwarzen Schornstein mit Lüfterrad entsteht die Thermik, die Unterdruck erzeugt und unangenehme Gerüche nach draußen abführt.

So ideal diese Lösung für einsame Spazierwege, fernab der Sanitäreinrichtungen der Gastronomie „Heiners“ oder der Eisenbahnwelt, auch wäre: Panteleit weiß, „dass die Stadt sich diese Anlage nicht leisten kann“. „Wir müssten Sponsoren für eine solche Investition von rund 20.000 Euro finden, zudem noch private Partner, die den Betrieb übernehmen.“

Denkbar seien Laufgruppen oder Vereine, die dort aktiv sind. Auf sie käme nach WAZ-Informationen ein Arbeitsaufwand von einer Viertelstunde pro Woche zu: So viel Zeit nähme ein Kontrollgang mit manueller Reinigung der Toilettenbrille, Durchfegen der Kabine und Tank-Überprüfung in Anspruch.

Hinterlassenschaften auf den Kompost

Auf dem Rothaarsteig im Sauerland, wo eine solche WC-Anlage installiert ist, muss der Tank bei 100.000 Nutzern pro Jahr zweimal entleert werden, was je einer Schubkarre entspricht. Die ausgetrockneten Hinterlassenschaften können dem Kompost beigegeben werden – nur als Gemüsedünger eignen sie sich wegen möglicher Medikamentenrückstände nicht.

Ob das „Bio-WC“ realisiert wird, werden die Diskussionen des städtischen Toiletten-Entwicklungsplans in den politischen Gremien ergeben. Eine „behindertenfreundliche“ Variante mit ausreichend Platz und Haltegriffen für Rollstuhlfahrer ist jedenfalls erhältlich. Nur in einem Punkt müssten die Nutzer Abstriche machen: beim Händewaschen. Panteleit: „Das könnte man im Wald ja auch nicht. Aber es gibt Desinfektionsspray.“