Gelsenkirchen-Horst. . Das künstlerische Schaffen von Günter Tollmann lädt nicht nur am Gelsenkirchener Schloß Horst zum Anfassen ein - auch vor dem Kunstmuseum und vor dem Amtsgericht stehen seine Plastiken. Für die Werke gilt: Berühren erlaubt.

In der Frühlingssonne glitzern die großen Stahlsäulen. Ein schöner Gegensatz zum Grün der Wiese im Burggraben von Schloß Horst. Beim Nähern noch wirkt die Plastik groß und statisch. Doch steht der Kunstinteressierte vor ihr, kann er vom Betrachter zum Akteur werden. Dann offenbart sich ihr spielerischer Charakter. Ganz leicht lassen sich die Elemente von „Block 8“ drehen. Und so entsteht eine Vielzahl von Variationen in der Arbeit von Günter Tollmann, die sich aus jedem Blickwinkel anders darstellen.

Auf einer großen quadratischen Platte sind die acht Trägersäulen montiert. Jede wird nach oben um ein weiteres Teil ergänzt, das beweglich ist. Immer paarweise sind die Träger angeordnet. Und eine ist die Spiegelung der anderen. „Das ist mathematisch ein ganz klares System. Alle Teile sind gleich – aber in ihrer Art variabel. Man kann verschiedene Relationen zueinander darstellen, indem man die dreht“, erklärt Dr. Doris Edler, Museumspädagogin vom Kunstmuseum Gelsenkirchen.

Werke ohne Titel

Die Arbeiten des bedeutenden Gelsenkirchener Künstlers Günter Tollmann sind ihr sehr vertraut. In der kinetischen Sammlung sind sie ein wichtiges Element. Aber auch die Bueraner kennen den Künstler, der viel für den öffentlichen Raum arbeitete. Vor dem Kunstmuseum steht eine weitere Plastik, ein T-förmiges Stahlobjekt ohne Titel, und auch vor dem Amtsgericht in Buer ist ein Kunstwerk Tollmanns zu sehen. Ein ungewöhnlich monumentales Beispiel seiner Arbeit ist das, auch ohne Titel, welches wie eine Säule in den Himmel ragt.

„Block 8“ zieht den Betrachter in seinen Bann. Je länger man hinschaut, desto mehr Möglichkeiten sieht man, sich einzubringen. „Das Schöne an der Kinetik ist, dass der Betrachter selbst etwas tun kann“, so Edler. Er darf nicht nur, ja er soll sogar. Hier gilt nicht „Anfassen verboten“, wie sonst so häufig bei Kunstwerken.

„Nein, hier gilt, unbedingt anfassen. Erst dadurch werden verschiedene Konstellationen und unterschiedliche Durchblicke möglich“, ermutigt die Museumspädagogin. Beim Drehen einer Runde um das Kunstwerk fällt der Blick zwischen den Säulen hindurch mal auf das Schloß Horst, zu welchem die Plastik einen gewollten Kontrast bildet, mal auf sattes Grün und dann auf die Neubausiedlung auf dem Gelände der alten Rennbahn.

Wirkung ohne konkrete Aussage

Seit 2002 steht die Plastik, eine Dauerleihgabe vom Sohn des Künstlers, auf ihrem Platz neben dem Schloß Horst. Zuvor stand sie in Buer vor dem Haus der Eheleute Tollmann.

Es ist eine typische Arbeit des Gelsenkirchener Künstlers, der sie als leichter empfunden haben muss, als sie tatsächlich ist. Denn „Block 8“ ist ein „Wind-Objekt“, wie Günter Tollmann die Plastik selbst kategorisierte. Etwas schmeichelt das der Arbeit. „Denn der Wind muss schon kräftig wehen, damit sich hier etwas bewegt. Also muss der Betrachter den Wind selbst spielen“, so Doris Edler.

Die Plastik wirkt. Ohne dabei eine konkrete Aussage zu vertreten. Doris Edler: „Das ist eine Kunst, die konkret zeigt, was sie zeigt.“ Hier muss man nicht lange herum deuten. Hier geht es nur darum, sich einzulassen, auf das Abenteuer Kunsterfahrung.