Essen. Viele Essener S-Bahnstationen sind bald schlecht angebunden, klagen Pendler. „Pro Bahn“ sieht im Fahrplanwechsel trotzdem mehr Vor- als Nachteile

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) sieht sich vor dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember massiver Kritik von Fahrgästen ausgesetzt. In einem offenen Brief beklagt die Interessengemeinschaft (IG) zur „Verbesserung des S-Bahn-Angebotes“ eine Verschlechterung des S-Bahnverkehrs. „Aus unserer Sicht sind die Pendler aus dem Raum Essen (...) die großen Verlierer des Winterfahrplanes“, heißt es in dem zweiseitigen Schreiben an den Verkehrsverbund. Der Fahrgastverband Pro Bahn hingegen will sich dieser Kritik nicht anschließen. Im Gegenteil: „Wir sehen durch den Fahrplanwechsel mehr Vor- als Nachteile“, sagt Pro-Bahn-Sprecher Lothar Ebbers.

Unstrittig sind Nachteile für Fahrgäste im S-Bahnverkehr. Die IG zur Verbesserung des S-Bahn-Angebots nennt beispielhaft die Linie S1: Der 20-Minuten-Takt in Richtung Düsseldorf entfällt; stattdessen fahren nur noch zwei S-Bahnen pro Stunde zwischen Essen und Düsseldorf. Pendler aus Mülheim, Essen-Frohnhausen oder Essen-West in Richtung Bochum fahren mit der S1 künftig ebenfalls nur noch im 30-Minuten-Takt statt wie bisher alle 20 Minuten.

Nachteile für Fahrgäste aus Überruhr, Holthausen und dem Bergischen Land

Damit nicht genug: Auf der heutigen Linie S9 können Fahrgäste zwar künftig einmal stündlich mit dem neuen Regionalexpress 49 von Wuppertal über Essen bis nach Wesel durchfahren. Jedoch entfallen mehrere Zwischenstopps. Dies führe zu einer klaren Benachteiligung der Bewohner in Essen-Überruhr, -Holthausen sowie des Bergischen Landes, heißt es in dem Schreiben an den VRR. Zu guter Letzt fährt auch die Linie S3 nur noch im 30-Minuten-Takt.

Die Interessengemeinschaft zur Verbesserung des S-Bahnangebots bedauert insbesondere, dass die Pendlerbahnhöfe Essen-West und Essen-Frohnhausen schlechter angebunden sein werden. „Warum sollte zukünftig mehr Bahn gefahren werden, wenn die Pendler-Parkplätze an den S-Bahnhaltepunkten, die heute gut ausgelastet sind, unbedeutend sind“, fragen die Autoren des Offenen Briefes. Ein Beitrag zur Verkehrswende sei der Fahrplanwechsel nicht.

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) setzt mehr Regionalzüge ein

Lothar Ebbers, Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn, kann dem neuen Fahrplan hingegen sehr wohl Positives abgewinnen. Ja, Pendler an diversen S-Bahnhaltepunkten zählen zu den Verlieren des Fahrplanwechsels. Dazu zählt der Pro-Bahn-Sprecher auch Borbeck-Süd, Gerschede und Dellwig-Ost. Doch stiegen dort nicht einmal 1000 Fahrgäste pro Tag ein oder aus. Für die betroffenen Pendler mag eine schlechtere Anbindung schmerzhaft sein. Der Fahrplanwechsel trage aber dem Umstand Rechnung, dass immer mehr Pendler den Regionalverkehr nutzen, wie Ebbers betont. Deshalb setze der VRR weitere Regionalzüge ein. Neben dem RE 49 handelt es sich um die Regionalbahn RB 33 von Aachen kommend über Duisburg nach Essen. Die Anbindung der Rheinschiene ans Ruhrgebiet wird dadurch verbessert. Allerdings hält die RB 33 diese erst Ende 2020 auch in Essen-West.

Gerade im Ruhrgebiet, wo sich die Zentren der Städte aneinanderreihen wie eine Perlenkette gehöre die Zukunft dem RRX, nicht der S-Bahn, betont Ebbers. Und wer beispielsweise mit der S1 von Essen nach Düsseldorf wolle, steige in Mülheim oder Duisburg in einen schnelleren Zug um.

Zusätzlich S-Bahnen einzusetzen, so dass die bisherigen Taktzeiten eingehalten könnten, wäre nur dann möglich, wenn die zentrale Strecke durchs Ruhrgebiet ausgebaut wird, gibt der Pro-Bahn-Sprecher zu bedenken. Erforderlich wären nicht mehr Signalanlagen in kürzeren Abständen, sondern ein zusätzlicher Bahnsteig im Essener Hauptbahnhof. So ist der kommende Fahrplan aus Sicht des Fahrgastverbandes ein Kompromiss mit mehr Gewinnern als Verlierern.

Hier finden Sie Berichte zum Fahrplanwechsel in einzelnen Städten an Rhein und Ruhr: