Essen-Bredeney. Über 100 Jahre war die Traditionsgaststätte Waldschänke an der Bredeneyer Straße ein wichtiger Treffpunkt für die Menschen des Viertels. Jetzt wird sie abgerissen und mit hochwertigen Wohnungen bebaut. Die bísherigen Pächter sind nach Werden

Manchen Stammgästen standen die Tränen in den Augen, als sie vom Ende ihrer Waldschänke erfuhren. „Viele waren geradezu geschockt und konnten es kaum glauben“, erzählt Joachim Küppers. Zehn Jahre lang war der gelernte Koch gemeinsam mit seiner Partnerin Susanne Obervossbeck Pächter der Waldschänke, die er gerne gekauft hätte. „Doch die Familie Eckrath, der die Schänke seit 1898 gehört, hatte andere Preisvorstellungen als ich.“ Anderthalb Jahre liefen die Verhandlungen – ohne Ergebnis.

Eigentlich wollte der 57-Jährige bis zur Rente in Bredeney bleiben, in der Gaststätte, in der er schon als Kind seine Kommunion gefeiert hat und die im Stadtteil in den vergangenen Jahrzehnten eine gastronomische Institution war. Viele Bredeneyer haben hier ihre Geburtstage, Taufen, Konfirmationen gefeiert, Bürger- und Sportvereine waren regelmäßige Gäste. „Die Schänke war einfach ein wichtiger Treffpunkt in Bredeney.“ Manche Gäste, so Küppers, kamen täglich auf einen Kaffee, auf ein Bier und auf einen Schnack vorbei, „bei uns war es immer familiär“. Das ist jetzt Geschichte.

Gebäude historisch gesehen nicht bedeutend genug

„Wir hatten noch zwischenzeitlich die stille Hoffnung, dass die Schänke vielleicht unter den Denkmalschutz fällt und nicht abgerissen werden darf “, sagt Susanne Obervossbeck. Leider war das Gebäude historisch gesehen nicht bedeutend genug, befand die städtische Denkmalschutzbehörde.

Und so wurde am 1. Juni an der Bredeneyer Straße das letzte Bier gezapft, die letzten Schnitzel gebraten. Der Abschied verlief sang- und klanglos. „Uns war nicht danach, ein großes Fest zu feiern“, sagt Joachim Küppers und schaut dabei ein wenig traurig und wehmütig.

„90 Prozent unser alten Waldschänke-Stammgäste sind gekommen“

Doch ans Aufgeben haben die Wirtsleute nicht gedacht, sondern sich beizeiten ein neues Projekt gesucht. Fündig sind sie in Werden, direkt an der Grenze zu Kettwig geworden, wo sie das Landhaus Rutherbach an der Ruhrtalstraße übernommen haben. Nach Renovierung und Küchenumbau („eine mordsmäßige Investition“) wurde am 2. Juli Eröffnung gefeiert. „Ich habe eigentlich nicht mehr damit gerechnet, nochmal neu anzufangen“, sagt Küppers, „aber uns blieb nichts anderes übrig.“ Bereits ein paar Tage später war das Landhaus zum ersten Mal ausgebucht. „Ungefähr 90 Prozent unser alten Waldschänke-Stammgäste sind gekommen“, freut sich Susanne Obervossbeck. Sie hofft, dass sie ihnen, trotz des längeren Anfahrtweges, auch weiterhin die Treue halten.

Und was geschieht nach dem Abriss mit dem Grundstück der Waldschänke? „Natürlich das, was am meisten Geld einbringt: Dort werden dreizehn neue, hochwertige und barrierefreie Eigentumswohnungen gebaut“, sagt Joachim Küppers und seufzt.