Essen. . Seit 1900 beliefert das Unternehmen Kampmann Gastronomiebetriebe in Essen und dem gesamten Ruhrgebiet. Der Strukturwandel zwang dabei auch den Bierverleger zum Umdenken.

Mitte der 1990er-Jahre, Robin Bartling hat gerade sein Abitur in der Tasche, da gibt sein Vater ihm einen Rat, der Generationen von Kindern mit auf den Weg gegeben wird: „Lern’ lieber erst etwas Vernünftiges.“ Denn um das Familienunternehmen Kampmann, bis heute einer der größten Getränkelieferanten für die Gastronomie der Region, steht es nicht allzu gut.

Der Strukturwandel im Ruhrgebiet wirkt sich massiv auf die Kneipenkultur aus. Vorbei die Zeiten, in denen die Kumpel ihren Lohn umgehend in einer der zahlreichen Eckkneipen in Zechennähe in Flüssiges tauschten. „Einige Kneipen haben früher soviel Monatsumsatz gemacht wie heutzutage manche Läden in einem Jahr“, weiß Bartling aus den Bilanzen längst vergangener Jahrzehnte.

Als einer der ersten Bier aus Tschechien importiert

Ein unerbittlicher Preiskampf ist die Folge, neben zahllosen Wirten stehen auch viele Lieferanten vor dem Aus. Robin Bartling studiert in diesen turbulenten Zeiten Betriebswirtschaftslehre in Köln, steigt schließlich bei der Unternehmensberatung Ernst & Young ein. Als sein Vater ihn 2003 vor die Wahl stellt, das Unternehmen zu verkaufen oder zu übernehmen, nimmt ihm sein damaliger Chef – „der hatte ein Herz für den Mittelstand“ – die Entscheidung ab. „Wenn die Familie ruft, kann es nur eine Antwort geben“, habe der ihm damals gesagt, erinnert sich Robin Bartling heute. Er bringt mit dem durch ihn vorangetriebenen Umbau vom reinen Distributor zum Gastronomiedienstleister jenen Mut für Innovationen mit, der auch seinem Ur-Großvater Heinz Kampmann 1900 bei der Unternehmensgründung eigen war.

So kam Bier nach Essen

Bis in die 1970er-Jahre kam ein Großteil des importieren Bieres über die Schiene in den Essener Norden. Foto: Kampmann
Bis in die 1970er-Jahre kam ein Großteil des importieren Bieres über die Schiene in den Essener Norden. Foto: Kampmann
Je nach Klimabedingungen unterwegs konnten nicht selten ganze Ladungen weggekippt werden. Bier war damals noch nicht so haltbar wie heute. Foto: Kampmann
Je nach Klimabedingungen unterwegs konnten nicht selten ganze Ladungen weggekippt werden. Bier war damals noch nicht so haltbar wie heute. Foto: Kampmann
Erst später wurde Pilsner Urquell auch über die Straße angeliefert. Kampmann gehörte zu den ersten in Deutschland, die das tschechische Pils importierte.
Erst später wurde Pilsner Urquell auch über die Straße angeliefert. Kampmann gehörte zu den ersten in Deutschland, die das tschechische Pils importierte.
Bei den belieferten Wirten kam das gut an, es gab sogar lange Wartelisten. Foto: Kampmann
Bei den belieferten Wirten kam das gut an, es gab sogar lange Wartelisten. Foto: Kampmann
Kampmann wurde 1900 von Heinz Kampmann gegründet. Foto: Kampmann
Kampmann wurde 1900 von Heinz Kampmann gegründet. Foto: Kampmann
Erst 1972 erfolgte der Umzug in den Neubau und heutigen Firmensitz im Zipfelweg 17 in Essen-Bergeborbeck.  Foto: Kampmann
Erst 1972 erfolgte der Umzug in den Neubau und heutigen Firmensitz im Zipfelweg 17 in Essen-Bergeborbeck. Foto: Kampmann
Der Firmengründer hatte selbst eine Schwäche für damals noch  außergewöhnliche Biere -- hier ein Bild vom Oktoberfest. Foto: Kampmann
Der Firmengründer hatte selbst eine Schwäche für damals noch außergewöhnliche Biere -- hier ein Bild vom Oktoberfest. Foto: Kampmann
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Als einer der ersten in Deutschland importiert Kampmann das erste Bier der Welt: Pilsner Urquell, das seit 1842 im tschechischen Pilzen gebraut wird. Später kommen Bitburger und auch das Münchener Löwenbräu hinzu. Obwohl die Brauereien in der näheren Umgebung nur so aus dem Boden sprießen, hat Kampmann mit seinen Import-Bieren Erfolg, etabliert sie im Ruhrgebiet als Luxus-Marken. „Es gab lange Listen mit Wirten, die Pilsner Urquell haben wollten“, weiß Robin Bartling. In 100-Liter-Gebinden wird der Gerstensaft damals auf der Schiene nach Essen geliefert, nicht immer ohne Zwischenfälle. „Je nach Wetter und Umständen wie verminderter Haltbarkeit, kam das Bier hier trübe an. Die Ware war nicht unbegrenzt verfügbar“, schildert Bartling eines der damaligen Probleme.

Getränkemarkt ist vielfältiger

[kein Linktext vorhanden]Dennoch: Seine Vorfahren im Familienunternehmen hatten es meist einfacher. Während den Kunden damals eine Wassersorte und ein paar Biere zur Auswahl reichen, stapeln sich auf dem Hinterhof des Firmensitzes am Zipfelweg in Bergeborbeck heute kistenweise die Innovationen der Getränkeindustrie. Mineralwasser in allen Facetten, Energy-Drinks, Biermischgetränke. „Da der Bierumsatz zurück geht, sind die Brauereien kreativ geworden“, weiß Bartling, der eng mit der Brauereifamilie Stauder zusammenarbeitet.

Neben dem Vertrieb der Getränke kümmert sich Kampmann heute verstärkt um die Beratung, etwa bei Neueröffnungen. „Ohne Konzept läuft heute keine Kneipe mehr. Da braucht es mehr als Zapfhahn, Theke und ein paar Barhocker“, so der 38-Järhige. Aktuell beliefert das Unternehmen rund 500 Gastronomen im Ruhrgebiet, darunter in Essen den Brenner. Eines sei dabei in 100 Jahren gleich geblieben: „Das A und O in allen Gastroniebetrieben“, weiß Bartling, „sind der Service und die Gastfreundschaft.“

Bilder der Union-Brauerei in Essen-Steele/Horst

Die ehemalige Union Brauerei in Steele/Horst. Foto: Privat
Die ehemalige Union Brauerei in Steele/Horst. Foto: Privat © WNM
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Die ehemalige Union Brauerei in Steele/Horst. Foto: Privat
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Die ehemalige Union Brauerei in Steele/Horst. Foto: Privat © WAZ FotoPool
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