Essen-Moltkeviertel. Familie Dobra fühlt sich bei der Suche nach einer Betreuung für ihre Zwillingsmädchen von der Stadt Essen im Stich gelassen. Weil es keine freien Kita-Plätze gab, hat das Paar alleine eine Tagesmutter gesucht. Warum der Rechtsanspruch auf einen U3-Platz für sie nur noch ein leeres Versprechen ist.

Daniela Dobra ist im vierten Monat schwanger, als sie gemeinsam mit ihrem Mann René (38) zum ersten Mal auf die Suche nach einem Betreuungsplatz für ihre beiden Mädchen geht. Schon damals macht man ihr wenig Hoffnung auf Erfolg, „drei bis fünf freie Plätze und bis zu 200 Bewerber waren oft die Regel“, hat die junge Mutter beobachtet. Für die 34-Jährige steht indes fest, dass sie gut ein Jahr nach der Entbindung, also im Oktober diesen Jahres, zurück in ihren Job möchte.

Im vergangenen August kommen die Zwillinge Hannah und Sophia zur Welt, sind für ihre Eltern das größte Glück. Kopfzerbrechen bereitet den beiden dennoch die „katastrophale Betreuungssituation in Essen“, wie Daniela Dobra nach unserer Berichterstattung in der vergangenen Woche schreibt.

Wenn sie dann zu hören bekomme, dass sie doch einen Rechtsanspruch auf einen U3-Platz habe, kann sie nur mit dem Kopf schütteln: „Bei der Stadt sagte man uns, dass wir ja gerne klagen können. Doch wo einfach keine Plätze seien, ließe sich eben nichts machen. Im Zweifelsfall könne man uns eine Tagesmutter in einem x-beliebigen Stadtteil vermitteln, um den Rechtsanspruch zu erfüllen“, erinnert sich Daniela Dobra an das Gespräch mit dem Jugendamt. Sie konsultieren auch einen Anwalt zur Beratung: „Dort sagte man uns, dass das Gesetz noch zu frisch sei, viele Kanzleien sich noch gar nicht darauf spezialisiert hätten“, so René Dobra.

Auf eigene Faust eine Tagesmutter gesucht

Seine Frau arbeitet im Verlagsleitstand der Funke-Mediengruppe, er selbst bei IT NRW in Düsseldorf, einer Landestochter. „Fünf Kitas kamen damals für uns in Frage, was die Öffnungszeiten und Erreichbarkeit angeht. Platz war in keiner“, so Daniela Dobra. Die Familie lebt im Moltkeviertel. Kleine Kinder gibt es in dieser Umgebung viele, der Betreuungsbedarf ist hoch.

Auch bei den Gesprächen mit den Verbänden, die Kindertagespflege vermitteln, sammeln sie unterschiedliche Erfahrungen: „Einige waren sehr engagiert und hilfsbereit. An anderer Stelle wurde mir geraten, beruflich Abstriche zu machen, da es schwer bis unmöglich werden dürfte, eine Betreuung bis 17.30 Uhr zu finden“, erinnert sich Daniela Dobra. Zum einen seien sie finanziell auf beide Jobs angewiesen. Zum anderen wolle sie sich nicht rechtfertigen, warum sie als Mutter wieder in Vollzeit arbeiten wolle.

Vor neun Jahren zog das Paar aus beruflichen Gründen von Thüringen ins Ruhrgebiet. „Unsere Familien leben nicht hier, was die Betreuungssituation natürlich noch mehr verschärft“, sagt René Dobra.

Auf die Stadt mochten sich die beiden nicht mehr verlassen, fanden nun auf eigene Faust eine Tagesmutter in Steele, die ab August die kleinen Mädchen betreut. „Das bedeutet zwar einen größeren Aufwand für uns. Aber immerhin haben wir nun Sicherheit“, sagt Daniela Dobra, die sich „von der Stadt völlig allein gelassen fühlt“.