Essen. Der Essener SPD-Chef Dieter Hilser ist zwar - “mit Bauchschmerzen“ - für den Messe-Teilneubau, kritisiert aber die Tonlage von Fraktionschef Marschan. Auch die andere Seite hätte gute Argumente. Viele Sozialdemokraten – darunter auch bekannte – hätten für den Bürgerentscheid unterschrieben.
Ja, er wisse von Essener Sozialdemokraten, die beim Bürgerbegehren gegen den Messe-Teilneubau unterschrieben hätten, und ja, es seien einige in Essen bekannte Namen darunter. Welche, das will Dieter Hilser, der Vorsitzende der Essener SPD, allerdings nicht sagen. Ein Gespräch über das nicht unkomplizierte Verhältnis der Essener Sozialdemokraten zum strittigen Teilneubau der Messe Essen.
Herr Hilser, der Chef der SPD-Ratsfraktion, Rainer Marschan, ist sehr klar in seiner Haltung und lehnt die Ziele des Bürgerbegehrens eindeutig ab. Was aber halten Essener Sozialdemokraten in der Breite von den Messe-Plänen?
Dieter Hilser: Ich stelle fest, dass mit räumlicher Distanz die Zustimmung eher wächst. In den Ortsvereinen nah an der Messe mag die Stimmung teilweise kritischer sein, aber in meinem eigenen Ortsverein Oststadt beispielsweise gab es kaum Diskussionen und wenn, dann eher Stimmen, die sagen: Wir brauchen diese Investition. Viele Essener Sozialdemokraten unterstützen nach meiner Wahrnehmung das Vorhaben, wenn auch mit einigen Bauchschmerzen. Zu denen zähle ich auch.
Was genau bedrückt Sie?
Hilser: Ich bin mir zum Beispiel nicht völlig sicher, ob das in Teilen unterirdische Kongress-Zentrum Sinn macht, aber ich muss andererseits gestehen, dass ich das nicht bis ins Letzte beurteilen kann. Es ist eine schwierige Entscheidung, das geht wohl nicht nur uns Sozialdemokraten so. Aber wir haben das jetzt soweit vorangetrieben, dass man es wohl machen muss.
Begeistert klingt das nicht gerade. Haben Sie selbst das Bürgerbegehren unterschrieben?
Hilser: Nein, habe ich nicht. Ich sage aber offen, ich weiß von relativ vielen Sozialdemokraten, die unterschrieben haben, darunter sind auch einige, die in Essen bekannt sind.
Um wen handelt es sich da?
Hilser: Dazu möchte ich nichts sagen. Das wäre nicht fair, denn ich habe nicht die Genehmigung der jeweiligen Parteifreunde.
Fraktionschef Rainer Marschan tritt vehement für den Messe-Neubau ein, und er ist um klare Worte nicht verlegen.
Hilser: Das ist im Prinzip auch in Ordnung so. Ich rate allerdings dazu, in der Tonlage nicht zu überziehen.
Sie spielen darauf an, dass Marschan die Betreiber des Bürgerbegehrens „Laiengruppe“ nannte und ihnen Populismus vorwarf.
Keine Annäherung der Kontrahenten in Sicht
Die Grünen hatten zuletzt gehofft, einen Bürgerentscheid noch verhindern zu können, der im Erfolgsfall die Gefahr birgt, dass sich mehrere Jahre an der Messe gar nichts tut.
Gestern sah es aber nicht danach aus, als kämen die Gegner der aktuellen Messe-Umbaupläne mit SPD und CDU in letzter Minute auf einen Nenner. So werden am Freitag im Rat wohl Nägeln mit Köpfen gemacht – und der Bürger hat das Wort.
Hilser: Wir sollten Bürger, die zu Recht beim Thema Messe Bedenken haben und deren Argumente ja auch etwas für sich haben, nicht durch einen zu harschen Ton gegen die SPD aufbringen. Etwas anderes ist es bei der Auseinandersetzung mit den Grünen. Hier teile ich nicht nur die Inhalte, sondern auch die Tonlage von Rainer Marschan. Für mich ist klar: Die Grünen haben das Bürgerbegehren auch initiiert, weil sie für die Kommunalwahl ein Thema suchen, mit dem sie sich von der CDU und vom Viererbündnis absetzen können. Was hier passiert, ist bereits Wahlkampf.
Aller Voraussicht nach wird der Rat kommenden Freitag mit den Stimmen der SPD dem Bürgerbegehren nicht beitreten und so den Weg für einen Entscheid am 19. Januar ebnen. Wie geht es dann weiter mit den Messe-Plänen und der SPD?
Hilser: Die Essener Sozialdemokraten sind trotz der erwähnten Bauchschmerzen in ihrer Mehrheit für die Messe-Ertüchtigung. Ich erwarte deshalb, dass sich die SPD auch in diese Richtung engagieren wird, wenn es zum Bürgerentscheid kommen sollte. Eine groß angelegte Pro-Messe-Kampagne der SPD halte ich allerdings für unwahrscheinlich.
Ist es denkbar, dass kritische Ortsvereine wie etwa Rüttenscheid vielleicht sogar die Messe-Umbaugegner unterstützen?
Hilser: Davon gehe ich nicht aus.