Essen-Rüttenscheid/Südviertel. Der Fotograf Sascha Kraus begleitet Rapper in Krisen-Regionen, die sich mit ihrer Musik für mehr Menschenrechte einsetzen. Mit einem Konzert im Katakomben-Theater macht SisterFa aus dem Senegal am Samstag auf ihren Kampf gegen die Beschneidung von Frauen aufmerksam.

Aus der verblassten Narbe am Oberarm macht sich die senegalesische Musikerin und Aktivistin SisterFa nicht mehr viel. In einem Workshop klärte Fatou Diatta, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, gerade über die Gefahren der Beschneidung junger Mädchen auf, als sie in einer Schule an der mauretanischen Grenze von religiösen Traditionalisten angegriffen wurde.

„2014 fahre ich dort wieder hin, das verspreche ich“, sagt die 31-jährige Musikerin kämpferisch. Ein Stück ihres Weges für mehr Menschlichkeit ist der Essener Fotograf Sascha Kraus mitgegangen. „Forthright“, unverblümt, ist der Arbeitstitel seines ehrgeizigen Fotoprojekts, das im kommenden Jahr als Buch erscheinen soll. Dafür begleitet er Musiker, die sich mit Hip Hop für eine Verbesserung der Lebenssituation in ihren Heimatländern einsetzen.

„Mir kam die Idee, da Rap-Musik viele junge Menschen bewegt und beim arabischen Frühling sogar auf die Straße trieb. Also recherchierte ich im Internet und stieß auf Zayar Thow in Burma“, erzählt der 34-Jährige, der mit seiner Familie im Südviertel lebt. Kraus fackelte nicht lange und besuchte Thow, den seine regimekritischen Texte sogar ins Gefängnis gebracht hatten. Seit dem politischen Wandel mit der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi sitzt der 32-Jährige im Parlament. „Musik bewegt“, ist Sascha Kraus überzeugt. Seit 2012 porträtierte er 30 Musiker in fünf Ländern: Burma, Kambodscha, Guinea, Südsudan, Ägypten.

Gefährliche Reisen

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Im Südsudan lernte Sascha Kraus den Rapper Emmanuel Jal Juba kennen, der in seiner Heimat vielen Jugendlichen ein Vorbild ist: „Er war Kindersoldat und verarbeitet seine Geschichte heute mit der Musik“, sagt Kraus, selbst Vater zweier kleiner Söhne. Seine Familie stehe voll hinter dem Projekt – wenngleich sich Kraus der Gefahr seiner Reisen bewusst ist.

„Vor allem in Burma fühlte ich mich beobachtet. Spitzel verfolgten jeden meiner Schritte. In Ägypten reiste ich genau an jenem Tag an, an dem die Milizen den Tahir-Platz räumten und eine Ausgangssperre verhängt wurde. Ich nahm den nächsten Flug zurück nach Deutschland. Demnächst unternehme ich einen weiteren Anlauf, um mich mit einem Musiker zu treffen, der in seinen Texten das Vorgehen der Muslim-Brüder kritisiert“, sagt Sascha Kraus.

Anfeindungen in der Heimat

Zu SisterFa, die mittlerweile mit ihrem österreichischem Mann in Berlin lebt, hat der Fotograf ein besonderes Verhältnis. Er begleitete sie während ihrer Tournee im Senegal und in Guinea und unterstützt ihr Engagement für die britische Hilfsorganisation „Orchid Project“, die sich gegen die Beschneidung junger Mädchen einsetzt. „Natürlich werde ich in meiner Heimat auch angefeindet, die Menschen werfen mir vor, meine Kultur zu verraten. Dennoch zahlt sich der Einsatz aus, mein Heimatdorf hat sich bereits als beschneidungsfrei erklärt. Es sind immer nur kleine Schritte, aber die Jugendlichen sind gute Multiplikatoren“, sagt SisterFa.

Am Donnerstagabend reiste sie in Essen an, um auch hier auf ihre Kampagne „Bildung ohne Beschneidung“ aufmerksam zu machen. Heute Abend gibt sie ein Benefiz-Konzert im Katakombentheater. Sascha Kraus zeigt zudem die ersten Bilder seines Fotoprojekts, mit dem er sich vor den Musikern verneigt: „Es ist einfach beeindruckend, wie Menschen mit Leib und Leben für die Verbesserung ihrer Situation gerade stehen. Ich wollte ihnen ein Gesicht geben.“