Essen. . Bürger aus dem Schellenberger Wald wollen „exzessive Neubebauung“ in ihrer Nachbarschaft gerne verhindern. Rund 100 Unterschriften wurden dafür bereits gesammelt. Vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster läuft aktuell eine Berufungsklage.

Simone Zumegen geht ihre Gartengrenze ab. „Früher war hier ein wunderbarer alter Baumbestand“, sagt sie wehmütig. Der umgab ein imposantes Haus, das eine Familie bewohnte. Das Grundstück wurde an einen Investor verkauft, das Gebäude abgerissen. Heute entstehen dort, an der Straße Alte Eichen, zehn neue Eigentumswohnungen, mit gerade einmal drei Metern Abstand zu Zumegens Wiese. Drei Etagen haben die beiden Häuser in Kastenform. Von den Balkonen aus werden die künftigen Nachbarn bald einen guten Einblick in das gepflegte Einfamilienhaus der Zumegens haben, das wie fast alle Gebäude in der Nachbarschaft in den 1950er-Jahren entstand.

Die Anlieger im Schellenberger Wald fürchten um den Charakter ihrer Siedlung – denn der Neubau an den Alten Eichen ist nicht der einzige, viele weitere könnten folgen. Etwa an der Kantorie, wo einige Mehrfamilienhäuser in Planung sind. Rund 30 Nachbarn sind gestern Vormittag zusammen gekommen, um ihrem Ärger Luft zu machen. Einige leben seit den 1960-Jahren hier. Als einziger Stadtteilpolitiker ist Heinz-Leo Draese (CDU) vor Ort, der zu Unrecht zum Prügelknaben gemacht wird – denn die Bezirksvertretung II kann auf Bebauungspläne kaum Einfluss nehmen. Stattdessen verspricht Draese, mit Vertretern des Bau- und Planungsausschusses zu sprechen. „Ich sehe mit Bedauern, was hier passiert“, so Draese.

Lösungen sollten erarbeitet werden

„Diese Siedlung wird stadtplanerisch kaputt gemacht“, beklagt Reimund Gergen, der gegen die „exzessive Wohnbebauung“ im August gegen die Stadt vor das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zog. Die Klage wurde abgewiesen. Es war nicht der erste juristische Versuch aus der Gegend, entsprechend verwundert zeigte sich der Richter. Er forderte die Stadt Essen damals auf, Lösungen zu erarbeiten, die „dem berechtigten Unmut der Anwohner begegnen“. Aktuell läuft die Berufung Gergens vor dem Oberverwaltungsgericht Münster. Ihm droht neben seinem Haus an der Kantorie „ein ähnlicher Klotz wie an den Alten Eichen“, sagt er.

Die bekannte Industriellenfamilie von Waldthausen würde ihr Stammhaus, ein mittlerweile leer stehendes Backsteingebäude, gerne abreißen. Acht Wohneinheiten sollen dort entstehen, samt Stellplätzen. Der Blick in den Wald, den Reimund Gergen von seiner Terrasse aus bislang noch genießen kann, wäre dann verbaut. „Wir stellen uns nicht gegen Neubauten. Nur müssen die in das Bild der Siedlung passen. Wir kritisieren, dass exzessiv der Platz bis zur Grundstücksgrenze ausgenutzt wird, kaum noch Luft bleibt. Nicht zuletzt haben wir schon jetzt mit Verkehrsproblemen zu kämpfen, können in den kleinen Seitenstraßen die, zu erwartende, Menge an Pkw gar nicht aufnehmen“, sagt Gergen.

Er sammelte mittlerweile Unterschriften von rund 100 Anwohnern, die sich alle gegen die „exzessive Neubebauung“ aussprechen. Die Nachbarn wollen nun eine Bürgerinitiative gründen.