Essen-Kupferdreh. . Das Angebot an Open-Air-Kinos in Essen ist geschrumpft. Doch die Freiluft-Spielstätte im Lukas in Kupferdreh stemmt sich tapfer gegen den Trend. Möglich macht dies das Engagement von zwölf Freunden. Sie nennen sich “Natural Born Filmfreaks“.

Freunde des Freiluft-Kinos haben es nicht leicht momentan. Nicht zuletzt der verregnete Sommer im vergangenen Jahr hat dafür gesorgt, dass das einstmals breite Angebot in der Stadt fast komplett verschwunden ist. Fast. Doch dass mit dem Lukas-Open-Air-Kino die älteste Reihe dieser Art noch existiert, ist vor allem dem Engagement von zwölf Freunden zu verdanken, deren Motivation mit dem Namen, den sie sich verliehen haben, bestens beschrieben ist: „Natural Born Filmfreaks“.

Dabei sah es zuerst so aus, dass knapp 30 Jahre, nachdem erstmals ein Film am alten Kupferdreher Bahnhofsgebäude gezeigt wurde, auch diese Tradition in diesem Jahr abrupt enden würde. Denn der bisherige Betreiber Michael Meyer, der mehrere Lichtspielhäuser in Gelsenkirchen, Bochum und Dorsten betreibt, hat aufgegeben. „Er will seine Tätigkeiten nun gänzlich aufs nördliche Ruhrgebiet konzentrieren“, so Gerd Blanke, der Kopf der „Natural Born Filmfreaks“. „Und die miesen, wetterbedingten Einspielergebnisse aus dem letzten Jahr werden ihn auch nicht gerade motiviert haben, mit dem Open-Air-Kino weiterzumachen.“

„Zelluloid“ war sein Hoby

Blanke hat sein Geld zwar als chemischer Informatiker verdient, das Kino hat jedoch immer einen wichtigen Platz in seinem Leben eingenommen. So begann er 1977, sich im „Zelluloid“, dem kommunalen Kino im damaligen Jugendzentrum Essen an der Papestraße, zu engagieren. Zehn Jahre lang half er, das Programm mitzugestalten, organisierte Filmseminare, kümmerte sich um die Technik. Währenddessen gründete er zudem den ersten deutschen Super-8-Dokumentarfilmverleih „Gegenlicht“ und hob das Uni-Kino der Asta in Düsseldorf aus der Taufe. Darüber hinaus war er von 1987 an acht Jahre lang an der Organisation des Internationalen Kinderfilmfestivals im Ruhrgebiet beteiligt und gründete vor elf Jahren die Dokumentarfilm-Plattform „www.onlinefilm.org“. „Letztes Jahr half ich beim Lukas-Open-Air als Filmvorführer“, so Blanke. Meyer wusste da schon, dass dies seine letzte Saison sein sollte. „Er wollte diese Tradition jedoch nicht sterben lassen und überredete mich, den Betrieb zu übernehmen.“

Die Gründung der "Natural Born Filmfreaks" 

So stellt dieses Jahr auf jeden Fall eine Zäsur dar: Denn nach Reinhard Schiffler, der das Open-Air-Kino in den frühen 1980ern im damaligen „Fritz“ ins Leben rief, und darauf Meyer ist nun erstmals kein Profi-Kinobetreiber für den Spielbetrieb zuständig. Gerd Blanke hat Freunde, die er zum Teil noch aus der „Zelluloid“-Zeit kennt, zusammengetrommelt und gründete die „Natural Born Filmfreaks“ als Unternehmensgesellschaft. „Wir haben uns für diese kommerzielle Rechtsform entschieden, weil sie aus finanzieller Sicht und von den Haftungsbedingungen her am sinnvollsten erscheint – wir wissen jedoch alle, dass wir keinen Gewinn erzielen werden“, so Blanke. Ziel sei eine „schwarze Null“.

Kassenschlager wie "Die Tribute von Panem"

Und natürlich viel Spaß am Filmprojekt. Und so stellte man für diese Saison ein ambitioniertes Arthouse-Programm zusammen, unter das sich jedoch auch einige Hollywood-typische Kassenschlager wie „Die Tribute von Panem“ mischen. Darüber hinaus wolle man auch Streifen präsentieren, die normalerweise nicht im Kino zu finden sind: So läuft in diesem Jahr eine dreiteilige Reihe von Künstlerporträts. Wann allerdings die Streifen über Gerhard Richter, Max Ernst sowie über Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely laufen, steht noch nicht fest, denn: „Wegen der unbestimmten Wetterlage ist es besser, unser Programm nur kurzfristig zu planen – das Internet macht möglich, dass man die Leute auch kurzfristig informieren kann und kein gedrucktes Programm verteilen muss“, so Gerd Blanke.

Neben dem Wetter haben die Freiluft-Filmfreunde jedoch noch einen weiteren Feind: Die Digitalisierung des Kinos. „Immer mehr Filme gibt es nur noch in digitaler Form“, bedauert Blanke. Damit kann der über 50 Jahre alte Projektor, der den Inhalt der Filmrollen auf die Leinwand des Lukas’ projiziert, jedoch nichts anfangen. „Maximal ein Jahr können wir damit noch weitermachen, danach bräuchten wir einen digitalen Projektor“, so Blanke, dem nicht nur die hohen Anschaffungskosten Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Für ihn geht mit der veralterten Technik auf jeden Fall ein Teil Kinokultur verloren. „Das Unperfekte am analogen System, das Rauschen und Knistern der Bände, das ist wie jemand, der in Würde altert und seine graue Haare mit Stolz trägt.“ Bleibt zu hoffen, dass das Open-Air-Kino kein Fall für den Altersruhestand ist.