Essen. . Zirkus und Gothic - der “Cirus des Horros“ versucht, beides zu kombinieren. Das Ergebnis kann man jetzt beim Gastspiel des Zirkus in Essen sehen, wobei der Horror etwas auf der Strecke bleibt, wenn man von der Eingangsszene und zwei Ekelnummern absieht, darunter ein Artist am Fleischerhaken.
Der „Circus des Horrors“ hat sein Zelt in Essen aufgeschlagen: Zahlreiche Besucher, darunter auffällig viele im Teenageralter und in dunkler Kleidung, füllten die gut 1500 Plätze. Doch auch wenn sich das Publikum schnell und willig begeistern ließ: Die Fusion von klassischer Zirkuskunst mit Gothic-Gruselelementen ist nur teilweise gelungen.
Ganz neu ist die Idee freilich nicht, mit der der erfahrene Zirkusmacher Joachim Sperlich und seine Firma „Romanza Circusproduktion“ da an den Start geht. In England schockt seit Jahren der „Circus Of Horrors“, in Spanien der „Circo de los Horrores“ und auch durch Deutschland tourt längst ein „Horror Circus“, der damit wirbt, „das Original“ zu sein.
Der Circus des Horrors
Doch zurück zum „Circus des Horrors“. Dieser ging bei der Werbung ungewöhnliche Wege, schickte Artisten zum Beispiel in die Metal-Disco „Turock“, um vor allem Publikum anzusprechen, das sonst einen Bogen um Zirkus und Varieté macht. Ein geschickter Schachzug, denn ein Publikum, für das das Genre neu ist, ist auch leicht zu erfreuen.
Die Artisten passen nicht so recht zum Horror-Konzept
Doch selbst mittelmäßige Artisten können in einer guten Inszenierung glänzen. Und da macht der „Circus des Horrors“ anfangs Hoffnung: Die Eröffnungsszene, in der zwei gehörnte Teufel eine mit einem Vampirsarg beladene Kutsche in die Manege ziehen, könnte so auch einem alten Horrorfilm entstammen. Doch dann räkelt sich eine Tänzerin im roten Nachthemd im Bett, drei weitere Tänzerinnen in mit Blutflecken verzierten weißen Nachthemden tänzeln um sie herum. Albtraum? Keine Ahnung, gruselig jedenfalls ist der Sound, der an einigen Plätzen nur so dröhnt und kaum ein Wort verstehen lässt.
Egal, bald gibt es Artistik an der Stange zu sehen. Das hat zwar primär nichts mit Grusel zu tun, der Artist hat aber immerhin sein Gesicht weiß geschminkt und trägt ein Outfit, mit dem er in keinem S/M-Clubauffallen würde. Das ist mehr, als bald darauf der Jongleur behaupten kann, der ein standardmäßiges, sogar glitzerndes Zirkusoutfit trägt. Nein, das einzig gruselige an ihm ist die Vokuhila-Frisur! Auch die Seiltänzerin und Hula-Hoop-Tänzerin wollen nicht so recht ins Konzept passen. Aber es gibt auch Höhepunkte wie den Mann ohne Knochen etwa, der sogar in zwei top in Szene gesetzten Nummern seine Verbiegungen zeigen darf: als obskurer Frosch und in der zweiten Hälfte als groteske Frankenstein-Variante. Auch beim Todes-Rad, das vor allem durch den Avantgarde-Zirkus „FlicFlac“ bekannt wurde, stockte der Atem – vor allem jedoch, weil das Duo, was darin balancierte, etwas wackelig zugange war und einer sogar stürzte – glücklicherweise ohne sich was zu tun.
Ekelnummern gab es auch: Eine Artistin führte Akupunktur bei sich selbst durch, ein männlicher Kollege ließ sich an Fleischerhaken aufhängen und baumelte durch die Luft. Sicherlich Geschmacksache, passt aber gut zum „Horror“-Label. Die Finalnummer – Motorräder sausen über Rampen und über einen Feuerspucker – passt eher zu einem Actionzirkus, ist aber so oder so schon zu Ende, bevor man sich in den Bann schlagen lassen konnte.
Was bleibt, ist der Eindruck, dass die Idee eines Horror-Circus durchaus reizvoll ist, in dieser Form jedoch leider zu inkonsequent und damit stellenweise lieblos in der Inszenierung umgesetzt worden ist.
