Essen. Der Essener Johannes-Damascenus-Chor feiert sein 60-jähriges Bestehen. Er gehört zu den wenigen Ensembles, die sich der russisch-orthodoxen Kirchenmusik widmen. Jetzt wird er von einem gebürtigen Moskauer geleitet: Nikolai Miassoedov vom Musiktheater Gelsenkirchen.

Erstmals seit seiner Gründung vor 60 Jahren leitet ein Russe den Johannes-Damascenus-Chor. Mit Nikolai Miassoedov hat das damals erste Essener Ensemble, das sich ausschließlich der Pflege der Musik der russisch-orthodoxen Kirche widmete, einen Muttersprachler an der Spitze, der zudem in dieser Tradition aufwuchs. Musik scheint den Miassoedovs im Blut zu liegen. „Mein Vater unterrichtet mit 83 noch immer an einer Akademie in Moskau. Bis zu seiner Emeritierung war er Professor am Tschaikowsky-Konservatorium.“

Nikolai Miassoedov singt seit 1996 als Solist am Musiktheater Gelsenkirchen. Nein, auch wenn er so ausschaut: Er ist keiner der berühmten russischen tiefen Bässe. „Nur Bariton“, wie er augenzwinkernd sagt. Aber dafür habe man im Chor einige dieser profunden Männerstimmen, ohne die den bekannten Kompositionen von Tschaikowsky oder Rachmaninow für deren Interpretation der Chor seit 1952 berühmt ist, die typische Farbe fehlte.

Verbindung zwischen den Kirchen

Nach dem langjährigen Gründungsdirigenten Karl Linke, der vielen Essenern noch in Erinnerung ist, leitet Miassoedov als fünfter seiner Zunft den Chor. Er löste im November Domkantor Wolfgang Endrös ab, der in Essen „nur“ noch den Domchor leitet.

Für „Originalklang“ im Traditionsensemble sorgt aber nicht nur der Leiter. „Unter den 45 Sängerinnen und Sängern sind auch Russen“, sagt Angela Schürmann. Die pensionierte Lehrerin singt seit 30 Jahren im Damascenus-Chor und übernahm kürzlich den Vorsitz. Ein Anliegen damals wie heute: „Wir wollen die Verbindung zwischen Orthodoxie und westlicher Kirche vertiefen“, sagt Angela Schürmann. Das stößt selbst in Zeiten der Ökumene zwischen Katholiken und Protestanten oft auf Schwierigkeiten, denn Nicht-Orthodoxe dürfen normalerweise nicht einmal im orthodoxen Gottesdienst singen.

Erste Kontakte hat man aber bereits zur Bochumer orthodoxen Gemeinde geknüpft. Nikolai Miassoedov und Angela Schürmann sind da ganz zuversichtlich. Auch was den Chor-Zuwachs angeht: Montag ist Schnupperprobe. Konfession oder Nationalität? Spielt keine Rolle.