Essen-Kettwig. . Die gefährliche Herkulesstaude breitet sich auf den Ruhrwiesen in Essen-Kettwig explosionsartig aus. Spaziergängern drohen dadurch erhebliche Gesundheitsrisiken: Bei Kontakt mit der Haut kommt es zu schlimmen Verbrennungen. Doch der Stauden-Dschungel an der Ruhr ist wohl nur der Anfang. Die Samen der Pflanze sind schwimmfähig, der Fluss transportiert sie weiter. Die Plage wird sich ausweiten.

Einmal am Tag kommt Verena Steinhaus mit ihrem Dackelmischling Sonja zur Hundewiese. Die städtische Grünfläche beginnt am Ende der Straße zur Alten Fähre. Viel Platz, direkt an der Ruhr - ein Paradies für Frauchen und den Vierbeiner, denn hier dürfen Hunde ohne Leine mal so richtig toben...

Doch hier wächst nicht nur Gras, ranken am Rand die Brombeeren. Auch die ersten, recht kleinen Herkulesstauden machen sie hier breit. Nur wenige 100 Meter weiter beginnt das Natur- und Wasserschutzgebiet. Betreten verboten - das Schild ist nicht zu übersehen. Doch Trampelpfade, wo die Erde vom Regen der vergangenen Wochen noch matschige Pfützen bildet, zeugen davon, dass sich kaum einer an dieses Verbot hält. Und diese illegalen Wege führen durch riesige Felder übermannshoher Herkulesstauden.

Nicht unerhebliche Gesundheitsrisiken

Da lauern bei jedem Spaziergang nicht unerhebliche Gesundheitsrisiken, denn bei der Berührung der Stauden, selbst wenn sie völlig intakt sind, dringt Pflanzensaft in die Haut. Und in Verbindung mit Tageslicht entfaltet sich die Wirkung des darin enthaltenen Kontaktgiftes Furocumarine. Die gravierenden Folgen: Es kommt nach ungefähr 24 Stunden zu Rötungen, die Haut wirft Blasen und schmerzt - an diesen Stellen bilden sich später Pigmente. Die Verbrennungen heilen nur schwer ab.

Die Herkulesstaude breitet sich mehr und mehr aus. Die Samen - jede Pflanzen kann zwischen 10 000 und 50 000 schwimmfähige Samen ausbilden - werden durch die Ruhr weiter transportiert, bleiben an den Uferböschungen hängen und siedeln sich in dort an.

Das Ausrotten der Pflanze ist schwierig und langwierig. Ein Abschneiden, Ausreißen oder Abweiden durch Schafe sind nur scheinbar Lösungen. Die wichtigste Bekämpfungsmaßnahme ist das Ausgraben. Doch dabei müssen geschlossene Kleidung, lange Arbeitshandschuhe und feste Stiefel getragen werden. Ebenso wichtig: Jetzt im Juli müssten alle Samenstände eingesammelt und vernichtet werden. Doch es passiert nichts.

"Ein Verbrechen, was die hier machen"

„Das ist ein Verbrechen, was die hier machen“, sagt Christine Lümmen. Sie ist in Essen geboren und lebt jetzt in Göttingen. Gemeinsam mit Tochter und Schwiegersohn war sie vor einigen Wochen in ihrer Heimatstadt zu Gast. „Das hatte ich mir zum Geburtstag gewünscht.“ Doch was sie während der Ruhrtour mit der Weißen Flotte sah, hat sie entsetzt: „Zwischen Werden und Kettwig wuchern die Herkulesstauden in großen Mengen. Nicht auszudenken, wenn ein Kind da hineinfällt..“ Dass nichts zur Eindämmung dieser Plage getan wird, kann die Seniorin nicht verstehen.

Das Gelände gehört der Rheinisch-Westfälischen Wasserwerksgesellschaft (RWW). In der Vergangenheit wurde oftmals Schafherden eingesetzt. Sie fressen die für den menschlichen Körper giftigen Pflanzen auf und nehmen keinerlei Schaden. Doch selbst eine mehrfach Beweidung pro Jahr brächte kein Ergebnis, denn die Staude treibt immer wieder aus. Über Jahre müsste das Ausgraben und Vernichten der Samenstände erfolgen, um der Herkulesstaude endgültig den Garaus aus zu machen.

Verena Steinhaus hat mittlerweile den Spaziergang mit Sonja beendet. Das Naturschutzgebiet hat sie auch in der Vergangenheit noch nie betreten, und auf der Hundwiese wird sie künftig auf die Herkulesstaude achten - „und immer in sicherem Abstand bleiben“.