Essen-Werden. Der Freundeskreis des Gartenhauses freut sich über das Projekt mit dem Werdener Fotografen Niklas Hlawatsch. Er arbeitet nach altem Verfahren.

Alte Aufnahmetechnik trifft altes Gebäude: Der Werdener Fotograf Niklas Hlawatsch nimmt mit seiner Plattenkamera das Dingerkushaus auf. „Das Gebäude hat einen besonderen Charme“, findet der 36-Jährige und erklärt lächelnd: „Es ist wie eine Zeitreise, in der ich das historische Gebäude mittels alter Technik im Hier und Jetzt zeige.“ Der Freundeskreis Gartenhaus Dingerkus ist gespannt auf das Ergebnis: Das Foto soll künftig Flyer und Homepage des Werdener Vereins zieren.

Der Freundeskreis feiert dieses Jahr zehnjähriges Bestehen. „Ursprünglich wollten wir Niklas Hlawatsch und seine Plattenkamera als Teil unserer Jubiläumsveranstaltungen mit einem Vortrag und einer Ausstellung präsentieren“, sagt der Vereinsvorsitzende Peter Bankmann. Das könne aber hoffentlich später nachgeholt werden.

Das spätbarocke Gebäude hat fast quadratischen Grundriss

Derzeit überlege man, ob und wie auf dem Areal zwischen Brandstorstraße und Wesselswerth wieder öffentliches Leben stattfinden könne. Das spätbarocke Gebäude, das zweigeschossig mit fast quadratischem Grundriss zwischen den Steinmauern aufragt, hat pro Etage nur einen Raum (insgesamt 32 Quadratmeter) – zu klein für die Einhaltung der wegen der Corona-Pandemie geltenden Abstandsregeln. „Dann dürfte nur immer eine Person rein“, so Bankmann. Auch das Kaffeetrinken im Garten, das zwischen Mai und Oktober fester Bestandteil des Veranstaltungsplanes ist, sei so erst mal nicht möglich.

Freundeskreis-Vorsitzender Peter Bankmann mit dem ersten Plattenkamerafoto vom Gartenhaus im Kollodium-Nassplatten-Verfahren. Damit war Niklas Hlawatsch aber noch nicht zufrieden.
Freundeskreis-Vorsitzender Peter Bankmann mit dem ersten Plattenkamerafoto vom Gartenhaus im Kollodium-Nassplatten-Verfahren. Damit war Niklas Hlawatsch aber noch nicht zufrieden. © Christof Köpsel

„Aber wir werden Möglichkeiten finden, Besuchern unseren Garten zu zeigen, in dem gerade alles wunderschön zu blühen beginnt“, ist sich Peter Bankmann sicher. 500 Quadratmeter groß ist die mit traditionellen Pflanzen und Gemüsesorten bestückte Fläche, die ebenso wie das Gebäude seit 1994 Denkmalschutz genießt. Seitdem 2017 die Sanierung abgeschlossen werden konnte, habe sich das einstige Gartenhaus des Abteilichen Rates Johann Everhard Dingerkus (1725-1817) schließlich zum Ziel von Ausflüglern aus der ganzen Ruhrregion gemausert.

Ein pittoresker Ort hinter hohen Mauern

„Und auch viele Werdener entdecken jetzt erst, was sich hinter den dicken Mauern verbirgt. Denn jahrzehntelang befand sich das unter anderem von der Folkwangschule genutzte Areal wie in einem Dornröschenschlaf“, sagt Peter Bankmann. Auch ihn selbst trieb als begeisterter Fotograf einst die Neugier zu diesem pittoresken Ort, dem „geheimen Garten“ mit einem von Efeu überwucherten Häuschen. Wenig später begründete er den Freundeskreis mit, der sich seit dem Kulturhauptstadtjahr 2010 des Gebäudes annimmt.

Lange Belichtungszeit notwendig, aber schnelle Entwicklung geboten

Als sich Niklas Hlawatsch Ende vergangenen Jahres mit seinem Fotostudio „Fuchs Teufel Bild“ in der Werdener Altstadt ansiedelte, entstand schnell die Idee eines gemeinsamen Projektes. Die ursprüngliche Fotografie des ausgehenden 19. Jahrhunderts mittels Plattenkamera passe genau zu diesem Ensemble, befanden beide Seiten.

Kunst und Kultur am historischen Ort

Perspektivisch sind die Fotografien von Niklas Hlawatsch für eine kleine Ausstellung im Dingerkushaus vorgesehen – sobald das Kontaktverbot nicht mehr besteht bzw. der Freundeskreis einen gefahrlosen Besuch der kleinen Räume garantieren kann.

Außerdem plant der Freundeskreis nach dem großen Erfolg der Glanzbilderausstellung in 2019 eine Präsentation von Fußballsammelbildern und Quartettspielen. „Das ist dann was für die Jungs“, sagt Peter Bankmann mit einem Augenzwinkern.

Zum zehnjährigen Bestehen ist zudem ein kleines Festkonzert mit Till Engel, Professor an der Folkwand-Uni und Mitglied im Freundeskreis geplant. Infos, ob und wann es stattfindet, und Weiteres zum Verein gibt es auf www.gartenhaus-dingerkus.de.

So ist es auch kein Problem, dass Hlawatsch seine mobile Dunkelkammer für die Fotosession in einem Abstellraum auf dem Dingerkus-Gelände einrichtet: „Es handelt sich ja um ein Nassplattenverfahren, das heißt ich muss die Platte schnell entwickeln. Trocknet die Emulsion an, ist es zu spät.“

Im Gegensatz zur langen Belichtungszeit. Die beträgt je nach Lichtverhältnis gute fünf Sekunden; ein Stativ ist deshalb nicht nur für schwere Holzkamera sinnvoll, sondern auch, um Wackler auszuschließen.für fotograf aus essen-werden ist seine arbeit noch handwerk

So funktioniert das Kollodium-Nassplatten-Verfahren

In der Plattenkamera befindet sich kein Film, sondern eben wie der Name verrät eine Platte aus Glas oder Metall. Diese werde zuvor mit mit einer lichtempfindlichen Textur beschichtet und danach in der Holzkamera belichtet, erklärt der Fotograf das so genannte Kollodium-Nassplatten-Verfahren. Die für den Entwicklungsprozess notwendigen Tinkturen und Emulsionen gibt es üblicherweise nicht zu kaufen; Hlawatsch muss sie zum großen Teil selber aus Chemikalien wie Ether oder Essigsäure anrühren.

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Einerseits erfordere die Prozedur Schnelligkeit, andererseits Ruhe und Geduld. Bis zu 20 Minuten brauche er (nach einer über einstündigen Vorbereitungszeit) zum Beispiel für die Aufnahme des Dingerkushauses. „Ich finde es spannend, so zu arbeiten, weil sich während des Entwickelns auch immer ästhetische Faktoren ergeben“, berichtet der Werdener. Jedes Foto wird so zum Unikat, das zum Schluss mit einer Schicht Schellack haltbar gemacht wird. Hlawatsch: „Das Spiel mit historischer Technik und Motiven der Gegenwart, das meine ich mit Zeitreise.“ Zu sehen im Falle des Dingerkushauses alsbald auf der Homepage des Freundeskreises.

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