Essen-Werden. . Von Kulturhauptstadt 2010 zur Grünen Hauptstadt 2017 mit dem Werdener Gartenhaus Dingerkus. Es stammt von 1792 und hat eine bewegte Geschichte.

  • Gartenhaus in Essen-Werden aus dem Jahr 1792 war lange Zeit in Vergessenheit geraten
  • Daran änderte auch Denkmalschutz nichts, für den sich Werdener Heimatverein schon vor 25 Jahren einsetzte
  • Jetzt wird Kleinod im Jahr der Grünen Hauptstadt Europas Teil der Besichtigungs-Tour zu „grünen Orten“

So manche Erfolgsgeschichte entspringt dem puren Zufall. Peter Bankmann, als begeisterter Fotograf immer auf Suche nach pittoresken Motiven, entdeckte an der Werdener Brandstorstraße, versteckt hinter Mauern, einen „geheimen Garten“ mit einem spätbarocken, mit Efeu überwucherten Häuschen. Das romantische Fundstück im Dornröschenschlaf ging ihm einfach nicht mehr aus dem Kopf: „Was kann das nur sein?“

Bankmann tauchte ab in die Geschichte, förderte im Stadtarchiv Essen die Kaufverträge zu Tage. 1783 überließ die Stadt Werden dieses Gartenstück für insgesamt 190 Reichstaler dem Abteilichen Kanzleidirektor Johann Everhard Dingerkus und seiner Frau Wilhelmina Sophia Leopoldina Funcke. Das Haus wurde 1792 fertiggestellt. Das Grundstück reichte damals bis an die Ruhr, war eine Art gigantischer Schrebergarten. Später ging das Gelände zurück in den Besitz der Stadt. Ältere Werdener erinnerten sich: „Es fanden Treffen des Bundes Deutscher Mädels statt. In den letzten Kriegsmonaten wohnte dort eine ältere Dame.“

Sommerfest im Jubiläumsjahr

Dann wurde das Ensemble von der unterhalb liegenden Schule im Wesselswerth als Unterrichtsraum und Schulgarten genutzt. Im Untergeschoss betrieb zwischenzeitlich ein Schreiner sein Geschäft. Als die Folkwang-Hochschule die alte Schule übernahm, sollte das Gartenhaus abgerissen werden. Der Werdener Heimatverein setzt sich aber für den Erhalt ein, 1992 wurden Haus und Garten unter Denkmalschutz gestellt. Auch wurden Dach und Fußboden erneuert. Das Haus geriet aber wieder in Vergessenheit.

Bis Peter Bankmann in Rolf Sachtleben einen Mitstreiter fand. „Wir rücken diesen verwunschenen Ort wieder in den Mittelpunkt, öffnen den Garten für die Menschen.“ Dies war 2010 der Ansatz der beiden Ideengeber. Im Jahr der Kulturhauptstadt gründete sich der „Freundeskreis Gartenhaus Dingerkus“. Bankmann und Sachtleben sind Vorsitzender und Vize. Finanzielle Unterstützung gab es vom Land und der Kruppstiftung: „Den Bewilligungsbescheid hat noch Bertold Beitz eigenhändig unterschrieben.“

Aus 15 Mitgliedern wurden nach und nach 90, Tendenz steigend. Dabei die unterschiedlichsten Charaktere: Historisch Interessierte, Gartenfreunde, Lokalpatrioten oder eben Großstadtmenschen, die laut Conrad Schlimm einfach nur genießen möchten: „Die sitzen dann in dem schönen Garten, fühlen sich wohl, tauchen in diesen ganz besonderen Zauber ein.“

Rund 400 Quadratmeter Idylle, jeder der Freunde hat eine andere Lieblingsansicht, eine andere Stimmung, die ihn besonders fasziniert. Die Ideen über Nutzungen sprudeln nur so, unter der architektonischen Leitung von Ernst-Joachim Müller wurden jüngst umfangreiche Sanierungsmaßnahmen getätigt, das Fundament trocken gelegt.

Dies kommt genau zur rechten Zeit, denn am 1. Juli 1817 starb Johann Everhard Dingerkus. Am 200. Todestag wird es ein großes Sommerfest geben, Oberbürgermeister Thomas Kufen hat bereits zugesagt.

2017 wird aber auch Essen „Grüne Hauptstadt Europas“ sein. Ob zu Fuß, mit dem Rad oder dem Doppelstock-Cabriobus: Auf 15 Thementouren kreuz und quer durch Essen gibt es „grüne“ Orte zu entdecken. Eine Station unter dem Motto „Eine Stadt lebt in ihren alten Gärten“ wird das Gartenhaus Dingerkus sein, empfängt die Besucher mit Informationen: „Warum dieses Haus? Was wurde hier angebaut?“ Dazu könnte es dann Johannisbeer-Likör, dicke Bohnen oder Weingelee geben. Peter Bankmann ist oft unterwegs: „In München etwa erntet man mitleidige Blicke, wenn man zugibt, aus dem Ruhrgebiet zu stammen. Diese Spötter lade ich dann nur allzu gerne in unser grünes Kleinod ein.“

Weitere Informationen sind erhältlich auf www.gartenhaus-dingerkus.de