Essen-Kettwig. Thomas Kufen wirbt beim Neujahrsempfang der Stadtgesellschaft Kettwig für die Akzeptanz von Ratsentscheidungen. Mehr zur Traditionsveranstaltung.

Das dürfte ein seltenes Bild beim Neujahrsempfang der Kettwiger Stadtgesellschaft sein: Eine Schar von Kindern versammelte sich am Sonntag (19. Januar) nicht auf, sondern vor der Bühne im Alten Bahnhof Kettwig. Sie kommen aus Syrien, Nordirak, Ghana und Togo. Mit ihren Familien leben sie in der benachbarten Flüchtlingsunterkunft an der Ruhrtalstraße.

Diese wird spätestens zum 30. April geschlossen. Was passiert mit den Bewohnern? Gibt es Möglichkeiten, dass die Familien dort in einem Teil des Komplexes in Selbstverwaltung wohnen bleiben? Fragen, die Angelika Kleinekort, Vorsitzende des Vereins „Kettwig hilft“, bei der Neujahrsveranstaltung an Oberbürgermeister Thomas Kufen richtete.

Wohnmöglichkeiten für die Familien

Der mischte sich unter die Mütter und Kinder, bedankte sich ausdrücklich für den Besuch der Gruppe. Der Verein trage in vielfältiger Weise zur Integration der Flüchtlinge bei – und werde auch künftig gebraucht. Wie das aussehen kann und welche Wohnmöglichkeiten für die Familien bestehen, darüber werde er sich in dieser Woche mit dem Verein ausführlicher unterhalten, versprach Thomas Kufen. Und fügte hinzu: „Wir freuen uns über jedes Kind, das hier aufwächst.“

HVV, Kett-In, Bauverein und IG Bahnhof Kettwig hatten am 19. Januar zum traditionellen Neujahrsempfang in den Alten Bahnhof Kettwig eingeladen.
HVV, Kett-In, Bauverein und IG Bahnhof Kettwig hatten am 19. Januar zum traditionellen Neujahrsempfang in den Alten Bahnhof Kettwig eingeladen. © André Hirtz

Rück- und Ausblick zu halten, das steht traditionell auf dem Programm des Neujahrsempfangs, den der Heimat- und Verkehrsverein, die Interessengemeinschaft Bahnhof Kettwig, Kett-In und der Bauverein Kettwig alljährlich ausrichten. Geladen waren erneut Vertreter aus Bundes- und Stadtpolitik, Vereinen und Institutionen wie Polizei und Feuerwehr. Bei Häppchen und Getränk sowie Jazzmusik wurde geplaudert.

Politiker treffen Entscheidungen für das gesamte Stadtgebiet

Und Ansprachen gab es auch – in denen durchaus klare Worte fielen. Zum Beispiel vom OB. Er würdigte die Verdienste der Ehrenamtler im Stadtteil, sprach dem ausgeschiedenen CDU-Bezirksbürgermeister Michael Bonmann höchstes Lob aus und hob den Bauverein als einen wichtigen Akteur mit einer starken sozialen Ausrichtung hervor.

In puncto Bebauung (hier als Beispiel das Icktener Bachtal) schrieb Thomas Kufen den Kettwigern allerdings auch ins Stammbuch: Die Politiker träfen ihre Entscheidungen immer in Abwägung aller Belange und mit Blick auf das gesamte Stadtgebiet. Es sei den Bürgern im Norden nicht zu vermitteln, dass ausgerechnet bei ihnen eine immer stärkere Verdichtung der Bebauung stattfinde solle, im Süden aber keine Flächen dazu vorgesehen werden.

Für die musikalische Unterhaltung sorgte eine Jazz-Combo.
Für die musikalische Unterhaltung sorgte eine Jazz-Combo. © André Hirtz

OB Thomas Kufen äußerst sich zur Villa Ruhnau

Auch wenn einigen Bürger die Entscheidung für eine Flächennutzungsänderung in Ickten nicht gefalle, „es gehört zur Demokratie, auch das mal zu akzeptieren“.

Dass Kufen aber durchaus Kettwig im Blick hat, zeigt seine Aussage zur Villa Ruhnau. Das Gebäude sei ortsbildprägend, „und so viele tolle Gebäude dieser Art haben wir jetzt nicht in Essen“. Die Untere Denkmalbehörde werde sich das nochmals anschauen. „Alle Verkaufsabsichten für das Grundstück dahinter werden wir zurückstellen, solange es noch keine Fakten gibt.“

Michael Bonmann erinnert sich an seinen ersten Neujahrsempfang

Fakten geschaffen hatte indes der bisherige Bezirksbürgermeister Michael Bonmann mit seinem Rücktritt nach parteiinternen Auseinandersetzungen. Ein wenig Wehmut klang in seiner Rede an. Er erinnerte sich an seinen ersten Auftritt beim Neujahrsempfang und an seine Unkenntnis der Kettwiger Gegebenheiten. „Ich kannte zum Beispiel den Bauverein überhaupt nicht und ich musste mich erst einmal auf seiner Homepage schlauer machen, was sein Zweck ist.“ In den zehn Jahren seiner Tätigkeit habe er dann die Genossenschaft als verlässlichen Partner mit einem hohen sozialen Engagement kennengelernt.

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Er habe stets über Parteigrenzen hinweg den Konsens zum Wohle der Bürger im Bezirk IX gesucht. „Aus der Presse habe ich erfahren, dass ich ein Mann mit Ecken und Kanten bin. Wenn das damit gemeint ist, dann bin ich stolz darauf, ein Mann mit Ecken und Kanten zu sein.“ Das Publikum zollte Bonmann für diese Worte anhaltenden Applaus. Die Entscheidung, das Ehrenamt aufzugeben, bedauere er indes nicht, sagte Bonmann. Seine Familie habe sich zehn Jahre nach seinem Terminkalender richten müssen; das Leben sei jetzt definitiv entspannter.

12.000 Euro fehlen noch für die Skulpturen

Entspannt zurücklegen können sich die Aktiven des HVV, was die Neuanschaffung der „Zwei für Kettwig“ für den Skulpturenpark betrifft, noch nicht ganz. 12.000 Euro fehlen, um die Plastik „Das Tuch“ realisieren zu können. HVV-Vertreter Peter Marx ist jedoch „sehr zuversichtlich, dass es 2020 klappt“.

Martin Kryl, Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins Kettwig, stellte mit Peter Marx und Catharina Schedler von Kett-In die Pläne für ein Heimatfest vor.
Martin Kryl, Vorsitzender des Heimat- und Verkehrsvereins Kettwig, stellte mit Peter Marx und Catharina Schedler von Kett-In die Pläne für ein Heimatfest vor. © André Hirtz

Heimatfest mit vielen Aktionen und einer langen Tafel

Heimat- und Verkehrsverein (HVV) Kettwig und Händlervereinigung Kett-In wollen ein Heimatfest gestalten. Fast über eine ganze Woche gibt es Aktionen. Start ist mit einem Wandertag des HVV am Pfingstdienstag. Kett-In ist mit einem „Feierabend-Treff“ dabei, wie dessen Vorsitzende Catharina Schedler sagte und weiter erklärte: „Ein Frühlingsfest wird es dann nicht geben.“

„Wir sammeln gerade Ideen der Kettwiger Vereine, wie sie sich einbringen können“, so HVV-Vorsitzender Martin Kryl. Eingebunden wird zum Beispiel die „Klangspur“.

Großes Kino dürfte die längste Tafel Kettwigs werden – vom Märchenbrunnen die Hauptstraße entlang bis zum Ende der Fußgängerzone. „Jeder kann mitmachen“, kündigte Schedler an. Aber: Externe Händler bleiben außen vor. Die Organisatoren wollen ein Fest von Kettwigern für Kettwiger. Warum Heimatfest? „Heimat ist kein so piefiger Begriff wie in den 50er Jahren, sondern ein frisches Gefühl“, findet Kryl.

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