Essen. Michael Bonmann will die Stadtteilpolitik ganz aufgeben. Die CDU habe ein Problem mit Leuten, die eine parteiunabhängige Sicht auf Themen hätten.

Der als Bezirksbürgermeister jüngst zurückgetretene CDU-Politiker Michael Bonmann (CDU) will sich endgültig aus der Stadtteilpolitik verabschieden und wird deshalb auch seine zunächst erneut angestrebte Kandidatur für die Bezirksvertretung Kettwig-Werden-Bredeney zurückziehen. Das erklärte Bonmann am Montag gegenüber dieser Zeitung. „Bei der CDU können zu viele nicht mehr damit umgehen, dass jemand eine eigene Meinung vertritt“, sagte Bonmann zur Begründung. Das gelte auch und gerade für den Essener Parteivorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Matthias Hauer.

Essens CDU-Chef Matthias Hauer will sich nicht zu Michael Bonmann äußern. Dass der innerparteiliche Haussegen schief hängt, ist aber ohnehin bekannt.
Essens CDU-Chef Matthias Hauer will sich nicht zu Michael Bonmann äußern. Dass der innerparteiliche Haussegen schief hängt, ist aber ohnehin bekannt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Am kommenden Mittwoch will die CDU im Stadtbezirk 9 in ihrer Aufstellungsversammlung mit Blick auf die Kommunalwahl 2020 über ihre Kandidaten und damit über Bonmann befinden. Das ist nun, jedenfalls was diese Personalie betrifft, hinfällig.

Bonmann hatte keine Chance mehr, von der CDU im Essener Süden aufgestellt zu werden

Bonmann hatte allerdings ohnehin keine Aussicht, erneut aufgestellt zu werden, da sich nur sein Heimat-Ortsverband Bredeney für ihn ausgesprochen hatte. Die CDU-Gliederungen Kettwig, Heidhausen-Fischlaken und Werden wollten ihn nach Angaben von Essens CDU-Parteichef Hauer ausdrücklich auch nicht mehr als einfacher Bezirksvertreter im Stadtteilparlament sitzen sehen.

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Dem Zerwürfnis vorausgegangen war ein Interview, das Michael Bonmann im Sommer 2019 der Stadtteil-Zeitung „Werdener Nachrichten“ gegeben hatte. Dort hatte er nicht nur selbstbewusst für mehr parteiferne Eigenständigkeit in der Kommunalpolitik und damit für sich selbst geworben, sondern ferner gefordert, dass man die AfD „nicht ausgrenzen“ dürfe und er versuchen werde, nach der Kommunalwahl auch einen möglichen AfD-Bezirksvertreter in die Arbeit der BV einzubinden - wie die Vertreter anderer konkurrierender Parteien auch. Das hatte stadtweit erhebliche Debatten ausgelöst. CDU-Chef Hauer hatte in einer entschieden formulierten Replik unterstrichen, dass es für die CDU mit der AfD keinerlei Zusammenarbeit geben werde - auch nicht im Bezirk 9.

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Auch in Sachfragen waren die Unterschiede innerhalb der CDU oft gravierend

Alle Beteiligten sagen allerdings, dass das Interview nur der berühmte Tropfen war, der das Fass zum Überlaufen brachte. Egal ob es um das Verkehrskonzept in Werden, die Verlegung der Feuerwache von Rüttenscheid nach Bredeney oder die Weiternutzung eines Asylheims im Werdener Löwental ging - die inhaltlichen Differenzen zwischen der Essener CDU und Michael Bonmann waren und sind auch in Sachfragen oft gravierend.

http://funke-cms.abendblatt.de:8080/webservice/thumbnail/article/228085087Sind kantige Typen mit eigenem Kopf bei der CDU Essen also unerwünscht? Hauer singt als Gegenbeweis ein Loblied auf Dirk Kalweit, einem Kupferdreher Ratsherrn, der immer wieder betont konservative, aber in der Verkehrspolitik auch schon mal besonders grüne Positionen vertritt. „Abweichende Meinungen sind keineswegs tabu.“ Hauer lässt aber durchblicken, dass ein gewisses Maß dabei wichtig ist. Offiziell will er konkret zum Fall Bonmann aber nichts weiter sagen.

Redseliger geht es dann in der CDU hinter vorgehaltener Hand zu: Bonmann sei schlicht „nicht teamfähig“ und habe sich bei Sitzungen der Ratsfraktion auch dann nicht blicken lassen, wenn wichtige Themen aus dem Bezirk 9 besprochen worden seien. Immer wieder habe er zudem durch seine schroffe Art, Parteifreunde vor den Kopf gestoßen.

Für Irritation sorgte auch Bonmanns auffallend herzliches Verhältnis zu SPD-Stadtteilpolitikern

Für Irritation in der CDU sorgte auch, dass Bonmann sich stets gut, wenn nicht sogar besser mit SPD-Stadtteilpolitikern wie dem Kettwiger Daniel Behmenburg verstand, der nach Bonmanns Rücktritt als Bezirksbürgermeister im Netzwerk Facebook einen ausgesprochen warmherzigen Beitrag schrieb, der viel Respekt und freundschaftliche Gefühle über Parteigrenzen hinweg verriet. Auch Benjamin Brenk, derzeit als kommissarischer Bezirksbürgermeister Nachfolger Bonmanns, fand jüngst anerkennende Worte: „Michael Bonmann wird uns noch fehlen. Schade, dass er es nicht mehr macht.“

Kleinste politische Ebene

Bezirksvertretungen sind die kleinste politische Ebene im demokratischen Gefüge, reine Stadtteilthemen bis hin zum Standort einer Ruhebank sind ihr Geschäft. In Essen gibt es neun solcher Stadtteilparlamente, wie sie umgangssprachlich heißen, mit jeweils bis zu 19 Bezirksvertretern mit Stimmrecht. Vielfach spielen Parteizugehörigkeit und ideologische Gegensätze hier keine große Rolle.

Bezirksvertretungen werden zusammen mit dem Rat der Stadt gewählt, die nächste Kommunalwahl ist im September 2020. Häufig sind Ratsmitglieder zunächst als Bezirksvertreter tätig, in den Stadtteilparlamenten hat manche große politische Karriere begonnen. Doppelmandate sind möglich.

Das Lob der SPD ist auch deshalb bemerkenswert, weil der 63-jährige Apotheker als eher konservativ gilt und gerade nicht der SPD nahestehend. „Ich bin eben immer fair mit der SPD umgegangen, habe versucht, im Vorfeld von Sitzungen gemeinsame Entscheidungen herbeizuführen“, so Bonmann. Er habe engagiert Stadtteilpolitik betrieben, das hätten ihm auch Bürger immer wieder bestätigt. Dass er nicht zu jeder partei- oder fraktions-internen Sitzung in Essen habe kommen können, hänge auch mit seiner Arbeitsbelastung zusammen. „Ich bin Freiberufler, die Politik ist für mich ein echtes Ehrenamt, da fehlt dann auch mal die Zeit.“

„Er nimmt uns nicht wichtig genug“, dürfte hingegen die Lesart seiner innerparteilichen Gegner sein. Eine vermutlich aussichtslose Situation.