Essen/Haltern am See. .

Erneut muss das Landgericht Essen klären, ob ein 30-jähriger Marler im März 2008 seine in Haltern am See lebende Ehefrau vergewaltigt hat. Ein erstes Urteil, das ihn zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt hatte, war vom Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe komplett aufgehoben worden.

Erneut muss deshalb das mutmaßliche Opfer aussagen, diesmal vor der II. Essener Strafkammer. Es fällt der 27-Jährigen schwer, am Dienstag das zu wiederholen, was sie im Sommer 2010 bereits vor der V. Strafkammer erzählt hatte. Auf Antrag ihrer Anwältin Irmgard Schwieren berichtet sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit, dass sie in der Nacht zum 26. März 2008 in ihrem Schlafzimmer plötzlich wach wurde und einen mit einer Pistole bewaffneten Mann sah. Auf den zweiten Blick erkannte sie ihren Ehemann, mit dem sie in Scheidung lebte. Er habe sie zur Rückkehr aufgefordert, habe sie nach einem neuen Freund gefragt und vergewaltigt. Aus Angst vor der auf einem Tisch abgelegten Pistole habe sie es über sich ergehen lassen. Als er ging, informierte sie ihren im selben Haus wohnenden Vater, der die Polizei rief.

Der Angeklagte hatte die Tat immer bestritten. DNS-Spuren erklärt er mit einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr am Tag zuvor. Doch seine Version sah die V. Kammer im Sommer 2010 als widerlegt an und verurteilte ihn wegen schwerer Vergewaltigung.

Die schriftliche Begründung überzeugte den Bundesgerichtshof aber nicht. Das Gericht habe sich nicht ausreichend mit dem Alibi des Angeklagten auseinandergesetzt, kritisierte das höchste deutsche Strafgericht in seinem Beschluss vom 16. November 2010. Jetzt macht sich die II. Strafkammer auf die Suche nach der Wahrheit. Akribisch fragt Richter Andreas Labentz nach. Es geht um viel – für das mutmaßliche Opfer, aber auch für den Angeklagten.