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Einem Ex-SPD-Ratsherrn, der eine Disco-Bekanntschaft vergewaltigt hat, bleibt der Gang ins Gefängsnis erspart. Er erhielt eine Bewährungsstrafe. Dem Opfer hatte der Mann im Vorfeld 50.000 Euro gezahlt. Nach dem Urteil zeigte er sich erleichtert.

Ein Rechtsgespräch hatte es schon am ersten Prozesstag gerichtet: Der Ex-SPD-Ratsherr, der eine acht Jahre jüngere Disco-Bekanntschaft vergewaltigte, muss nicht ins Gefängnis. Die XVII. Strafkammer des Landgerichts blieb beim vereinbarten Strafmaß und verurteilte den 48-Jährigen am Donnerstag am vierten Verhandlungstag wegen Vergewaltigung, Körperverletzung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Der Angeklagte quittierte das Urteil mit tiefer Erleichterung, zumal der Staatsanwalt, der sich nicht mehr an die Abmachung gebunden fühlte, zuvor Haft von zwei Jahren neun Monaten beantragt hatte. Eine Revision will die Anklage prüfen.

„Nicht öffentlich“, zum Schutz der Privatsphäre des Opfers, hieß es immer wieder in diesem Prozess. Der Angeklagte war geständig. Im August 2010 war es in seiner Wohnung nach erst einvernehmlichen Sex zu der Vergewaltigung gekommen. Heftig hatte sich das Opfer gegen einen Auftritt vor Gericht gewehrt. Gestern musste sie dennoch in den Zeugenstand. Selbst der Angeklagte wurde ausgeschlossen. Obwohl ein Therapeut ihr im Aussagefall Suizidgefahr bescheinigt und ein Psychiater einen Nervenzusammenbruch befürchtet hatte, überstand die Frau den Auftritt gut. Der Staatsanwalt sah dennoch eine „gebrochene Frau“. Die Rechtsordnung verlange „eine vollstreckbare Freiheitsstrafe“. Opferanwalt Ernst van der Meulen widersprach. Seine Mandantin sei nicht gebrochen, das Schicksal des Angeklagten sei ihr allerdings „egal“. Die Bewährungsstrafe gehe in Ordnung.

,Pferde durchgegangen’

50 000 Euro Schmerzensgeld zahlte der Angeklagte bereits an die 40-Jährige. Eine Summe, die sie zivilrechtlich nicht bekommen hätte. Mit der freiwilligen Zahlung und der starken Alkoholisierung zur Tatzeit begründet die Kammer die milde Strafe. Niemand solle daraus schließen, man könne sich vor Gericht frei kaufen, mahnt Richter Bernd Koß. Der Gesetzgeber habe aber bestimmt, dass sich Angeklagte so „Strafmilderung verdienen“ könnten.

„Tausendprozentig“, versichert der Ex-SPD-Ratsherr in seinem Schlusswort, käme so etwas nie wieder vor. Verteidiger Rüdiger Deckers zitierte eine Erklärung seines Mandanten: „Mit mir sind die Pferde durchgegangen.“