Essen. Mit spektakulären Ausstellungen sorgt das Museum Folkwang seit 1987 bundesweit für Furore und für Besucherrekorde. Ohne Eon-Ruhrgas als Mäzen wäre das so nicht möglich gewesen. Ein Rückblick.
Wer über Energie spricht, der spricht auch gerne über Nachhaltigkeit. Im Museum Folkwang gehört beides seit vielen Jahren zusammen. Seit 1987 fördert Energieriese Eon als Nachfolger der Ruhrgas AG die großen Publikumsschauen. Und wenn die in Essen traditionell gute Verbindung zwischen Kunst und Konzern in Essen nicht gekappt wird, kann man 2017 ein besonderes Jubiläum feiern: das 30-jährige Bestehen einer bundesweit ziemlich einmaligen Kultur-Partnerschaft. Anlass für einen Blick zurück nach vorn.
Wer in diesen Tagen mit dem Eon-Kulturbeauftragten und langjährigen Vorstandsmitglied der Ruhrgas, Achim Middelschulte, zurückschaut, dem wird rasch klar, was da für eine besondere Marke geschaffen wurde. Dass manche Ausstellungsgäste, die in diesen Tagen die „Inspiration Japan“-Schau im Museum Folkwang besuchen, den Sponsor fast automatisch mitdenken, dürfte der Wunschtraum aller Marketingabteilungen sein. Im Folkwang hat diese Verbindung eine lange Geschichte.
Zehnjähriges Lieferjubiläum
Die fängt 1987 an, als die Ruhrgas mit dem großen Handelspartner Norwegen das zehnjährige Lieferjubiläum feiert. Man hätte bei Schampus und Festreden unter sich bleiben können, aber Middelschulte, der die Ausstellungsplanung im Vorstand der Ruhrgas von Anfang an begleitet hat, begeistert seine Mitstreiter für eine andere Idee. Am Ende feiern 230. 000 begeisterte Besucher mit, sehen den „Schrei“ und die erste große Munch-Retrospektive dieser Größenordnung in Deutschland. Sogar das norwegische Königshaus kommt zur Eröffnung nach Essen. Es ist der Anfang einer in der deutschen Museumslandschaft bis heute ziemlich einmaligen Förder-Gemeinschaft, deren Ausmaß damals freilich noch niemand absieht.
„Die Kunstgeschichte weitergebracht“
Dem Auftrag, breite Publikumsschichten anzusprechen, ohne die wissenschaftliche Neugier zu vernachlässigen, sei man bis heute treu geblieben. „Alle Ausstellungen haben auch die Kunstgeschichte weitergebracht“, sagt Achim Middelschulte. Große Namen von Gauguin bis Turner und Cézanne haben in den letzten Jahren Hunderttausende nach Essen gelockt. Bei keiner dieser bis heute zehn Sonderausstellungen, für die Eon/Ruhrgas die Vorfinanzierung und die Ausfallbürgschaft trägt, musste man bislang ein Defizit begleichen. Ein Modell, das eigentlich Nachahmer hätte finden können.
„Folkwang ist DAS Museum im Ruhrgebiet“, sagt Middelschulte und er spricht dabei nicht nur als langjähriger Sponsor-Partner, sondern auch als Vorsitzender des Folkwang-Museumsvereins, der den Sammlungs-Schatz seit über 90 Jahren mit der Stadt teilt. Der Vertrag gilt seit 1922 und er habe sich auch in unruhigen Zeiten bewährt, findet Middelschulte. Etwa, als unlängst darüber diskutiert wurde, das Museum in eine GmbH umzuwandeln, damit die dann höher bewerteten Gemälde die städtische Bilanz aufbessern könnten. Oberbürgermeister Reinhard Paß machte der Debatte bekanntlich ein schnelles Ende.
Die Stadt stünde zu ihrem Museum, lobt Middelschulte, auch wenn die Kosten durch den neuen, großzügigen Chipperfield-Bau, Berthold Beitz’ Geschenk an die Stadt, größer geworden seien.
Aber Norwegen ist nicht der einzige wichtige Lieferpartner von Ruhrgas. Als 1990 das große Gedenkjahr zum 100. Todestag von Vincent van Gogh ansteht, gibt es wieder ein Jubiläum zu feiern, diesmal mit Holland. Beides ließe sich exzellent verbinden, aber Museen in aller Welt buhlen natürlich um die „Sonnenblumen“ und „Die Kartoffelesser“ des Meisters. Für das ehrgeizige Vorhaben findet Middelschulte Unterstützung beim großen van-Gogh-Kenner Walter Feilchenfeld. Am Ende schafft Essen, das mit vier Gemälden den größten van-Gogh-Besitz in Deutschland hat, eine kleine Sensation: 55 Meisterwerke finden den Weg in die Stadt, zeigen den Vater der Moderne. Über eine halbe Million Menschen lassen sich das Kunstereignis nicht entgehen.
Internationale Schlagzeilen
Folkwang macht internationale Schlagzeilen und wird allmählich zum Inbegriff bundesweit erfolgreicher Publikumsschauen, deren Bedeutung drei Jahre später zum 20-jährigen Lieferbestehen mit Russland noch einmal getoppt wird. Die Ausstellung „Von Monet bis Picasso: Morosow, Schtschukin - die russischen Sammler“ ist nicht nur politisch hochbrisant. „Sie zeigt erstmals auch, wie diese atemberaubende, lange vor der Welt verborgene Sammlung überhaupt entstanden ist“, erinnert sich Middelschulte an diesen kunsthistorischen Coup, dem langwierige Verhandlungen voraus gehen. 600.000 Menschen stehen Schlange, um dabei sein. Ein Kunst-Event, das Middelschulte im Einklang mit den Ansinnen des großen Folkwang-Sammlers Karl Ernst Osthaus sieht, der immer auch Menschen ins Museum holen wollte, die nicht zum klassischen Bildungsbürgertum gehören.