Essen. . Im Brustkrebs-Skandal um den Essener Radiologen Dr. Karlgeorg Krüger hat die Staatsanwalt den Fall einer Patientin untersuchen lassen. Der Gutachter spricht Krüger von den Vorwürfen frei. Unterdessen weist der Geschäftsführer des Huyssensstifts den Verdacht gezielter Patienten-Verschiebung von sich.
Sie wurde im Fernsehen und in Skandalisierungs-Medien herumgereicht als Opfer des angeblichen Essener „Pfusch-Arztes“ Dr. Karlgeorg Krüger. Der Vorwurf von Petra B., der auch zu einer Anzeige wegen Körperverletzung und staatsanwaltlichen Ermittlungen führte: Krüger und seine Mitarbeiter im Kupferdreher „Diavero“-Diagnosezentrum hätten im Rahmen der turnusmäßigen Mammographie-Vorsorge ihren Brustkrebsbefund nicht so früh entdeckt, wie es möglich gewesen wäre. Eingestellt hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen schon in getrennten Verfahren im März und August 2014, jetzt liegt auch ein von der Anklagebehörde angefordertes Gutachten vor. Es spricht Krügers Praxis fachlich von allen Vorwürfen frei.
Erstellt hat das der WAZ vorliegende Gutachten Dr. Gerold Hecht. Er ist Leiter des Referenzzentrums Nord in Oldenburg, das gemeinsam mit vier anderen, in Deutschland verteilten Zentren die Qualität der Krebsvorsorge im Rahmen des Mammographie-Screenings sicherstellt.
Gutachter sieht keine Sorgfaltsverletzung
Hecht wurden die in Krügers Praxis am 13. Juni 2013 entstandenen Aufnahmen der Brust von Petra B. vorgelegt. Sein Urteil: „Es liegt keine Sorgfaltsverletzung vor.“ Und auch in den Abläufen der Untersuchung stellt der Gutachter klar: „Ein organisatorisches Versagen des programmverantwortlichen Arztes ist nicht erkennbar.“ Im Klartext: An den Karzinomen, die ein halbes Jahr später, nämlich am 10. Dezember 2013, bei einer Mammographie-Kontrolle im Huyssensstift bei Petra B. gefunden wurden, trägt Krüger keine Schuld. Er konnte sie nach Ansicht des Gutachters beim besten Willen nicht erkennen.
Erstellt hat die neue Aufnahme, die laut Gutachter Hecht „die Anforderungen an die technische Qualität nicht erfüllt“, Dr. Frank Stöblen. Der Radiologe war einst Praxispartner von Krüger, nach jahrelangem, teils wohl auch schmutzigen Streit trennte sich Krüger von seinem Kompagnon, der daraufhin ans Huyssensstift wechselte - wie es heißt, innigst umworben von Geschäftsführer Horst Defren.
Bemerkenswert: 2010 gingen 98 Prozent der Diavero-Patientinnen ans Huyssenstift
Man tritt Defren nicht zu nah, wenn man ihn den umtriebigsten Krankenhaus-Manager in Essen nennt. Auch Gegner bescheinigen dem ehemaligen Berufssoldaten das einst verschlafene Huyssensstift als „Kliniken Essen-Mitte“ auf Vordermann gebracht zu haben. Stolz ist Defren nicht zuletzt auf seine noch recht neue, auch baulich beeindruckende Gynäkologische Onkologie, die natürlich Patientinnen braucht, um kostendeckend arbeiten zu können.
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Hier gibt es nun bemerkenswerte Zahlen. Während aus dem Mammographie-Screening der Diavero-Praxis in den Jahren 2006 bis 2009 nach vorliegenden Unterlagen im Schnitt 13 Prozent der Patientinnen im Krankheitsfall sich zur Behandlung in die Kliniken Mitte begaben, und 87 Prozent andere Essener Krankenhäuser aufsuchten, wechselten im Jahr 2010 sagenhafte 98 Prozent ins Huyssensstift. Verantwortlich dafür soll eben jener Frank Stöblen gewesen sein, der kurz darauf Diavero verließ und bei Defren anheuerte. Nach 2010, Stöblen war in Kupferdreh nicht mehr an Bord, normalisierte sich die Zuteilungsquote. Auch das Uni-Klinikum etwa kam nun bei den Diavero-Patientinnen wieder zum Zuge.
Defren weist den Verdacht gezielter Patienten-Verschiebung weit von sich
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Gab es ein Interesse, Krüger mittels Skandalisierung aus dem lukrativen Screening-Programm zu entfernen und dieses stattdessen in einer radiologischen Praxis am Huyssensstift weiterzuführen, um wieder die hohe Zuweisung zu erreichen? Defren weist den Verdacht gezielter Patienten-Verschiebung weit von sich, unterstreicht die hohe Qualität seiner Gynäkologische Onkologie - und mag auch eigentlich gar nicht mehr gern über den Fall Krüger reden: „Am besten jeder macht seine Arbeit so gut er kann.“
Dem Vernehmen nach sollen Mitarbeiter seines Hauses aber weiterhin nach „Fällen“ wie dem von Petra B. fahnden, bei denen Krüger angeblich falsch diagnostiziert haben soll. Krüger sagt: „Ich werde gegen die weitere Beschädigung meines Rufes notfalls juristisch vorgehen.“
Man darf also gespannt sein, wie der Essener Brustkrebs-Krimi weitergeht. Was viele betroffene Frauen zu all dem meinen, kann man sich ungefähr vorstellen.