Essen. . Essen ist in weiten Teilen der medizinischen Versorgung spitze – dennoch gibt es zwischen den Kliniken zum Teil gravierende Qualitätsunterschiede. Dies zeigt eine aktuelle Studie der marktführenden Krankenkasse, die jedes Jahr veröffentlicht wird.
Wer ein künstliches Hüftgelenk benötigt, ist im Evangelischen Krankenhaus Werden oder im Marienhospital besonders gut aufgehoben. Wer sich jedoch die Gallenblase entfernen lassen muss, sollte seine Wahl für die Behandlung zwischen dem Elisabeth-Krankenhaus Essen, den Katholischen Kliniken Ruhrhalbinsel oder dem St. Josef Krankenhaus in Werden treffen. Denn für diese Eingriffe bescheinigt die AOK Rheinland/Hamburg besagten Krankenhäusern eine überdurchschnittliche Qualität.
Dies sind nur einige Ergebnisse der „Qualitätsmessung mit Routinedaten“ (QSR), die die AOK jedes Jahr veröffentlicht. Zum Maßstab für die Güte eines Krankenhauses wird hierbei die Häufigkeit von Komplikationen innerhalb von zwölf Monaten nach dem Eingriff erhoben. Dabei berücksichtigt man ausschließlich Fälle, bei denen die untersuchten Eingriffe auch der Hauptdiagnose entsprechen. Der Untersuchungszeitraum der aktuellen Studie umfasst die Jahre 2010 bis 2012.
Mehr Transparenz gefordert
Doch kennt die Erhebung nicht nur Gewinner: So erhält das Alfried Krupp Krankenhaus in Rüttenscheid für den Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks, eines künstlichen Kniegelenks und von Herzkathetern jeweils unterdurchschnittliche Bewertungen. Schon in früheren Jahren schnitt das Krankenhaus in den genannten Bereichen eher schlecht ab, wobei man die Kritik durchaus ernstgenommen habe, wie Internist Dr. Günther Flämig betont: „Als wir vor zwei Jahren bereits mit den Ergebnissen dieser Studie konfrontiert wurden, haben wir unsere Konsequenzen daraus gezogen.“ So habe man etwa eine externe Firma beauftragt, um angebliche Risikobereiche zu analysieren und zusätzliche Fachkräfte für Hygiene aufgebaut. „Uns ist dennoch nicht klar, wie diese Ergebnisse eigentlich zustande kommen“, moniert Flämig. „Natürlich haben wir den Anspruch, uns in bestimmten Bereichen zu verbessern, wenn dies notwendig ist. Aber die Studie der AOK liefert uns keine Anhaltspunkte, ob es tatsächliche Mängel in der medizinischen Versorgung bei uns gibt, oder welche Faktoren sonst für die Ergebnisse eine Rolle gespielt haben könnten.“
So schneidet das Rüttenscheider Krankenhaus in der gesetzlichen Qualitätssicherung deutlich besser ab. „Dabei wird aus meiner Sicht eher transparent gemacht, nach welchen Kriterien unser Haus bewertet wurde.“
Studie spiegelt nicht gesamtes Leistungsspektrum
Eine Kritik, die Oliver Hartmann, Leiter der AOK Regionaldirektion Essen/Mülheim, so nicht stehen lassen will. „Das Verfahren ist absolut valide. An der Entwicklung der Studie haben nicht nur Statistiker, sondern auch Mitglieder der Krankenhausvorstände mitgearbeitet. Da steckt sehr viel medizinische Fachkenntnis drin.“
Mitarbeiter von Krankenhäusern, die in einigen Bereichen unterdurchschnittlich abgeschnitten haben, sollten dennoch gelassen bleiben, sagt Hartmann: „Die Studie untersucht immer nur punktuell einzelne Eingriffe und bildet nicht das gesamte Leistungsspektrum eines Krankenhauses ab. Wer in einem Bereich nicht zufriedenstellend bewertet wurde, kann in einem anderen wiederum top sein.“ Das gelte im Übrigen auch für das Al-fried Krupp Krankenhaus.
So soll die Studie lediglich eine Ergänzung zur gesetzlichen Qualitätssicherung darstellen und Patienten die Orientierung im Dschungel der medizinischen Angebote erleichtern. „Grundsätzlich stehen wir allen Häusern, die sich näher mit ihren Bewertungen auseinandersetzen möchten, als Ansprechpartner zur Verfügung“, so Hartmann. Viel Raum also für gemeinsame Manöverkritik.
Grundsätzlich liegt Essen in der medizinischen Versorgung weit vorn: „Unsere Stadt gehört sicherlich bundesweit zu den Top Ten, was die Vielfalt an Spezialisierungen betrifft“, sagt Hartmann und witzelt: „Wenn man schon krank werden muss, sollte man das in Essen tun.“
Nicht auf den Lorbeeren ausruhen
Ein Beispiel für den hohen Spezialisierungsgrad in der medizinischen Landschaft der Stadt ist das Elisabeth-Krankenhaus in Huttrop: Als einzige Essener Einrichtung erhielt das Haus eine überdurchschnittliche Bewertung für Blinddarmentfernungen. „Wir haben ein chirurgisches Gesamtkonzept etabliert, das sehr differenziert auf einzelne Patientengruppen zugeschnitten ist“, erklärt Sprecher Thomas Kalhöfer. „So haben wir Spezialisten für Magen-und-Darm-Chirurgie wie auch für minimalinvasive Chirurgie, die auch Schlüsselloch-Chirurgie genannt wird.“
Zwar freue man sich über das Ergebnis, wolle sich aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen. „Zustimmung von außen ist schön, kann aber nicht der Maßstab für unser Handeln sein. Wir halten uns an unsere eigenen Qualitätsansprüche.“