Essen. Seit 2013 werden an der Essener Uniklinik Krebspatienten mit Protonen bestrahlt. Gerade wurde der zweite Therapieplatz im Westdeutschen Protonentherapie-Zentrum in Betrieb genommen. Beim Bau und der Planung des Zentrums, an dem künftig bis zu 1000 Patienten jährlich behandelt werden sollen, lief nicht alles rund.

Das Westdeutsche Protonentherapie-Zentrum Essen (WPE) an der Uniklinik: Seit Mai vergangenen Jahres werden hier krebskranke Kinder und Erwachsene behandelt, Menschen mit Tumoren im Kopf, in der Wirbelsäule oder der Beckengegend. Schwerkranke, die hoffen, dass ihnen durch eine Bestrahlung mit Protonen geholfen werden kann. Gestern meldete die Uniklinik, dass der zweite Therapieplatz im WPE in Betrieb ist. Bis Ende 2015 sollen alle vier vorhandenen Bestrahlungsplätze genutzt werden können. „Danach wollen wir Schritt für Schritt mehr Patienten behandeln – jährlich bis zu 1000“, so der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Eckhard Nagel. Eine gute Nachricht für Krebspatienten – wenn auch mit mehrjähriger Verspätung. Denn beim Vorzeige-Projekt Protonentherapie-Zentrum lief einiges nicht rund.

Beim Richtfest im April 2008 war die Uniklinik noch davon ausgegangen, die ersten Patienten im WPE Ende 2009 mit modernster Technik behandeln zu können. Das im Bau befindliche Zentrum wurde als eines der größten Public Private Partnership-Projekte im deutschen Gesundheitswesen präsentiert. Verantwortlich für Bau, Entwicklung und technische Ausrüstung war das Industrie-Konsortium „Striba“, gebildet von den Unternehmen Strabag (Köln) und der belgischen Firma IBA. Der Bau lag in der Hand der Strabag, die Medizintechnik in der Hand der IBA, Experte für die Technologie und Wartung von Protonentherapie-Anlagen.

Die Uniklinik wollte die Anlage zunächst für 15 Jahre mieten

Die „Striba“ übernahm die Planung, Finanzierung, den Bau und den Betrieb des Westdeutschen Protonentherapie-Zentrums. Die Uniklinik – so die damalige Planung – wollte die fertiggestellte Anlage zunächst für 15 Jahre mieten. Danach sollte sie in den Besitz des Klinikums übergehen.

Nicht Ende 2009, sondern erst im Juli 2011 meldete die „Striba“, das neue Strahlenzentrum könne in Betrieb gehen. Der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Eckhard Nagel, dementierte dies umgehend und ließ öffentlich verlauten: „Die angebliche Fertigstellung als voll funktionsfähiges Zentrum können wir zu unserem Bedauern nicht bestätigen.“ Die Uniklinik sprach von „zahlreichen baulichen und technischen Mängeln“. Es kam zu anwaltlichen Auseinandersetzungen.

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Weitere zwei Jahre vergingen, bis das WPE schließlich seinen klinischen Betrieb aufnehmen konnte. Was sich außerdem herausstellte: Die individuelle Einrichtung der Bestrahlungsgeräte für jeden einzelnen Patienten dauert länger als ursprünglich eingeplant. Die Folge: Ging der ehemalige Kaufmännische Direktor der Uniklinik, Reinhold Keil, 2008 noch davon aus, dass man im WPE jährlich rund 2200 Krebspatienten werde behandeln können, werden es künftig nur weniger als die Hälfte sein. Was die Einnahmen des Zentrums senken wird.

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart

Am 26. März hat die Westdeutsche Protonentherapie-Zentrum Essen gGmbH, eine 100-prozentige Tochter der Uniklinik, den Gebäude- und Protonenbetrieb des WPE vollständig übernommen. Finanziert wird die Transaktion durch Kredite eines Banken-Konsortiums, bestehend aus der KfW IPEX-Bank, der Sparkasse Essen und der Deka-Bank. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Ursprünglich sei man davon ausgegangen, dass sich die Investitionskosten für das Gebäude und die Technik auf etwas über 110 Millionen Euro belaufen würden, so Prof. Eckhard Nagel, Geschäftsführer der WPE gGmbH. „Mit der jetzigen Übernahme werden wir geringere Investitionskosten haben.“ Das Zentrum soll sich laut Nagel einmal selbst tragen. Die Kredite bildeten den „Liquiditätsbedarf des WPE“ für mehrere Jahre vollständig ab. „Der Haushalt des Universitätsklinikums bleibt daher aus heutiger Sicht unberührt.“ Der Planungs- und Investitions-Spielraum solle durch das Zentrum nicht eingeschränkt werden. Eine Sorge, die Skeptiker am Klinikum umtreibt.