Essen-Rüttenscheid. . Der Onkologe Rudolph und der Nephrologe Daul fürchten große Nachteile für Patienten, falls der Verein für Gesundheitssport und Sporttherapie seine Sportstätten an der Henri-Dunant-Straße und damit seine Existenzgrundlage verliert.
Mit Unverständnis und Sorge reagieren Mediziner auf die Nachricht, dass der Verein für Gesundheitssport und Sporttherapie an der Universität Duisburg-Essen (VGSU) sein Vorkaufsrecht auf die Sportstätten an der Henri-Dunant-Straße aus finanziellen Gründen möglicherweise nicht wahrnehmen kann. Dem Verein fehlen 135 000 Euro zum Kauf, die Frist läuft Ende September ab. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW würde als Eigentümer dann an einen anderen Investor verkaufen können, der 450 000 Euro bietet.
„Für unsere Arbeit und für die Patienten wäre das eine Katastrophe“, sagt Dr. Anton Daul, Chefarzt für Nephrologie (Nierenerkrankungen) am Elisabeth-Krankenhaus. Der VGSU nehme mit seinen Reha-Angeboten nicht nur in NRW eine Vorreiterrolle in Sachen Sport und Bewegung für Schwerkranke und Behinderte ein. „Ich habe seit 20 Jahren an der Entwicklung der Trainingsprogramme mitgewirkt, die stets wissenschaftlich begleitet wurden“, erklärt Daul. Für ihn ist die Arbeit des VGSU nicht durch andere Reha-Angebote zu ersetzen. Er versteht nicht, dass in Zeiten, in denen es in Essen an Turnhallen mangele, von Politik und Verwaltung so wenig Unterstützung für den VGSU komme. Die Sportstätte sei für die Stadt preiswert, da die Betriebskosten komplett vom Verein getragen würden.
Der Verein ermögliche zum Beispiel, dass Patienten während der Dialyse Sport treiben, Fahrrad fahren oder Krafttraining mit Gewichten absolvieren. „Die Krankheiten können dadurch nicht geheilt, aber die Folgen deutlich gemildert werden“, so Daul. So litten Dialyse-Patienten oder Nierentransplantierte oft unter Müdigkeit oder depressiven Verstimmungen, hätten wenig Antrieb. „Wenn es gelingt, sie zur Bewegung zu motivieren, bessert sich ihr Befinden. Gerade ältere Patienten bleiben so auf den Beinen“, sagt Daul. Die vier bis fünf Stunden an der Dialyse seien durch die Bewegungsangebote, die ein Sporttherapeut des VGSU begleite, für den Patienten weniger langweilig und damit erträglicher.
Noch weiter geht Dr. Roland Rudolph, Onkologe in der Gemeinschaftspraxis an der Henricistraße: „Auch bei Krebspatienten kann man durch Bewegung Müdigkeit, Muskelabbau und Depressionen entgegenwirken. Es ist zudem wissenschaftlich bewiesen, dass Bewegungstherapie das erneute Auftreten von Krebserkrankungen verhindern kann“, ist Rudolph vom Nutzen der VGSU-Angebote überzeugt.
„Sie sind ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Es reisen sogar Patienten jede Woche aus Stuttgart an, um an den Angeboten teilzunehmen.“ Er selbst mache bei den Sportangeboten mit, um fit zu bleiben. „Sollte der VGSU seine Arbeit nicht weiterführen können, werden auch Projekte sterben, die wir für die Zukunft planen“, ist Rudolph überzeugt. Es sei nämlich nicht nur sinnvoll, Menschen mit überstandener Krebserkrankung im Reha-Bereich Sport treiben zu lassen, sondern auch Patienten, die aktuell Krebs haben.
Mit dem VGSU habe man in der Vergangenheit schon viel erreicht. Als Beispiel nennt er die „Transalp-Tour“, bei der Krebspatienten zu Fuß die Alpen überqueren. Die Tour mit acht bis 14 Teilnehmern fand in diesem Jahr bereits zum fünften Mal statt. Sie steht für die Änderung der Lebensgewohnheiten und sorgt bei den Teilnehmern für ein Erfolgserlebnis und neuen Lebensmut.
Der VGSU besteht seit 25 Jahren und hat rund 2500 Mitglieder, darunter viele kranke, alte und behinderte Menschen, die von 100 Sporttherapeuten angeleitet werden. „Die Stadt sieht da keine anderen Möglichkeiten für uns. Wenn wir das Ensemble mit Turnhallen und Schwimmbecken nicht kaufen können, würden unsere Angebote ersatzlos wegfallen“, erklärt VGSU-Geschäftsführer Andreas Bettendorf. Noch bleibe dem Verein eine Frist von wenigen Tagen.