Essen. Ende November entscheidet die Unesco-Jury, ob Essen nach der Kulturhauptstadt ein weiteres Mal mit kreativen Potenzialen international auf sich aufmerksam machen kann: mit dem Titel der „Unesco City of Design“. Die Konkurrenz reicht von Bilbao bis Helsinki.
Design oder nicht Design - das ist in Essen nicht die Frage. Gute Gestaltung hat hier eine lange Geschichte – von der Gründung der Handwerker- und Kunstgewerbeschule, der späteren Folkwang-Schule, vor über 100 Jahren, bis zum international renommierten Red Dot Award, der Zollverein alle Jahre wieder zum Mekka der Gestalter-Branche macht.
Nun soll aus der Tradition endlich auch ein Titel werden. In wenigen Wochen wird sich entscheiden, ob Essen nach der Kulturhauptstadt ein weiteres Mal mit kreativen Potenzialen international auf sich aufmerksam machen kann. Am 30. November wird die Unesco-Jury bekannt geben, ob die Stadt den Titel bekommt, den Buenos Aires, Graz, Montreal und Berlin als bisher einzige deutsche Stadt schon tragen: „Unesco City of Design“.
Mitbewerber von Turin bis Helsinki
Kenner rechnen der vom Kulturdezernat, der Stiftung Zollverein und der Essener Wirtschaftsförderung gemeinsam auf den Weg gebrachten Bewerbung gute Chancen aus, auch wenn die Liste der Mitbewerber mit Bilbao, Turin, Helsinki und Detroit eindrucksvoll aufgestellt ist. Bis zur Entscheidung gilt es deshalb noch einmal, Überzeugungsarbeit zu leisten. So starten am 20. Oktober erstmals die „Essen Design Weeks“ mit über 40 Programpunkten. Und die Initiative Deutscher Designerverbände tagt auf Zollverein.
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Ist Essen also die Stadt der Kreativen? Sebastian Baun, der selbst in Essen Industrial Design studiert hat und für seine Kundschaft heute exklusive Einzelstücke entwirft, verspricht sich vor allem von der eben erst beschlossenen Ansiedlung der Folkwang-Designer auf Zollverein neue Impulse. „Die Rahmenbedingungen sind gut“, sagt Baun, „es fehlt der nächste Schritt.“ Mit den Studenten könne das „gelebte Gefühl der kreativen Stadt“ wachsen, auch wenn der Gestalter ansonsten wenig vom Nutzen der politisch hoch gehandelten Kreativquartiere überzeugt ist. „Alle Beteiligten einer Branche an einen Ort zu pflanzen, halte ich für wenig sinnvoll.“
Zentraler Punkt der Bewegung
Der Ausbau der nördlichen City zum Kreativquartier mit seinen städtischen Atelierhäusern und den Ansiedlungsplänen gegen Leerstand ist gleichwohl ein zentraler Punkt der Bewerbung, auch wenn die Entwicklung aufgrund des städtischen Sparkurses derzeit ein wenig an Fahrt verliert. Der „Art Walk“ als Flaniermeile für ortsansässige Künstler und Gäste, muss Ende November mit einem Bruchteil der bisherigen Summe über die Bühne gehen. Dabei gibt es noch viele Pläne.
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Mit dem Titel „City of Design“ ist im übrigen auch keine direkte finanzielle Unterstützung verbunden, doch die langfristigen Nebenwirkungen des Ehrentitels könnten positiv sein: Als touristisches Label , als Anreiz für Firmenansiedlungen oder einfach nur als Gütesiegel für eine Stadt, der schließlich schon Folkwang-Sammler Karl Ernst Osthaus vor über 100 Jahren ins Stammbuch geschrieben hat, dass „die Durchdringung von Alltag und Kunst, von Alltag und guter Gestaltung“ kein Privileg der Bessergestellten sein darf.
Das Konzept
„Ein hochaktuelles und einzigartiges Konzept, erinnert Kulturdezernent Andreas Bomheuer. Kurt Mehnert, Rektor der Folkwang-Universität der Künste, plädiert aber auch dafür, nicht nur auf die großen Traditionsnamen und Institutionen zu setzten. Design, so Mehnert, sei eben nicht nur die Kunst der schöne Form. Design spiele heute in alle Lebensbereiche hinein - vom Thema Migration bis zur Stadtentwicklung. Der Titel könne da besonderer Ansporn sein.