Essen. Absolventen der Folkwang-Universität zeigen Arbeiten erstmals komplett im Sanaa-Gebäude auf Zollverein. Der neue Ausstellungsort markiert den Start der Designer-Zukunft im Essener Norden

Die Entscheidung für den Neubau der Folkwang-Uni ist erst wenige Tage alt, da zeigt sich schon, wie gut das Zusammenspiel von Studenten und Zollverein-Areal aussehen kann. Erstmals zeigen Folkwang-Absolventen des gesamten Studienjahres aus den Bereichen Fotografie, Industrial Design und Kommunikationsdesign ihre Arbeiten im lichten Sanaa-Kubus mit seinem fast 1000 Quadratmeter großen, zwischenwandlosen Raum, der diesmal nicht nur dank seiner grandiosen Schaufenster-Wirkung imponiert, sondern auch mit neuer Ausstellungs-Architektur glänzt. Mit großzügiger Unterstützung der Wüstenrot-Stiftung nämlich konnte ein System von Hängeflächen angeschafft und damit der Grundstein für einen dauerhaft bespielbaren Ausstellungs-Ort gelegt werden.

Der Präsentations-Titel „Räume für Fotografie“ trifft damit im doppelten Sinne. Die Folkwang-Universität der Künste hat ein neues Terrain erobert. Und die Studierenden stoßen in immer neue Motivwelten vor. Dem von der Wüstenrot-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Museum Folkwang alle zwei Jahre ausgelobten Förderpreis für Dokumentarfotografie dürften die Anwärter so rasch jedenfalls nicht ausgehen. Denn das Interesse am Echten, Wahren und Ungeschönten, das zeigt die Ausstellung, ist nicht erlahmt. Im Gegenteil: Viele Arbeiten sind ein Bekenntnis zum wirklichkeitsbezogenen Blick, zur klaren Haltung hinter der Kamera, zum langfristigen Interesse an Menschen, Strukturen, Lebenswelten.

Krupp und seine Fotografie

Digital ist längst normal und damit für Grundsatzdebatten auch egal geworden. Und so kann man sich wieder dem Wesentlichen zuwenden. Dem Sehen und Sichtbarmachen, dem Wahrnehmen und Wiederentdecken. Die Geschichte der Firma Krupp hat beispielsweise Wladimir Unkovic im Rahmen eines Hochschulprojekts beeindruckt. 96 manchmal schon aus dem Stadtbild verschwundene Orte hat Unkovic recherchiert und dokumentiert. Der Student konnte dabei auf die Unterstützung des Krupp-Archivs und des Instituts für Denkmalschutz bauen. Der „historische Blick“ hat ihn beim Rundgang durch Essen seither nicht mehr losgelassen.

So wie Tino Kukulies in seiner Arbeit „Prometazin“ eine Aura der Geheimhaltung und Paranoia entfaltet, während Andreas Langenfeld mit „Status“ auf die Einwanderungs-Thematik eingeht, frei nach Böll: „Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen.“ Und die Heimat? Als Anne Stoll 2012 die Nachricht erreichte, dass ihr Großvater im Zweiten Weltkrieg gar nicht gefallen war, sondern später samt Familie nach Deutschland immigrierte, formte sie aus Fragmenten eine Lebensgeschichte neu.

Räume für Fotografie

Die Abschlussarbeiten des Studiengangs Fotografie sind bis 19. 10. in der 1. Etage des Sanaa-Gebäudes zu sehen.

Die Abschlussarbeiten der Studiengänge Industrial Design und Kommunikationsdesign werden bis 12. Oktober im Erdgeschoss und 2. Obergeschoss gezeigt. Öffnungszeiten: Do bis Sa 14-20 Uhr, So 11-16 Uhr. Eintritt frei.