Essen. . Essen will im kommenden Jahr die Grundsteuer B anheben. Das Vorhaben löst breite Kritik aus. Der Steuerzahlerbund fordert stattdessen mehr Sparanstrengungen bei den Stadttöchtern. Die Wirtschaft gibt der SPD contra, die die Gewerbesteuer nicht unangetastet lassen will.

Die Stadt erntet harsche Kritik für ihre geplante Erhöhung der Grundsteuer B. Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahler rügte, Essen sei damit endgültig im Oberhaus der NRW-Städte angekommen, die am meisten zulangen. Die Essener Mietergemeinschaft beklagte, dass gerade einkommensschwache Haushalte über die ohnehin hohen Mietnebenkosten weiter belastet würden. „Wer zudem Pendler zum Umzug nach Essen bewegen will, sendet damit falsche Signale“, meinte Siw Mammitzsch von der Mietergemeinschaft.

Die Grundsteuer B soll im nächsten Jahr um 80 Punkte auf dann 670 Prozent steigen. Essen will damit pro Jahr 16 Millionen Euro mehr einnehmen, um Löcher zu stopfen, die sich bei Kultur und Sport auftun. OB Paß hatte erklärt, dass er die Erhöhung für vertretbar halte. Laut einer Beispielrechnung der Stadt müssten Mieter/Besitzer einer 78 Quadratmeter Altbau-Wohnung in Huttrop knapp 20 Euro mehr im Jahr zahlen.

Steuerzahlerbund fordert mehr Privatisierungen

Statt die Steuerzahler weiter zu belasten, forderte Kanski, die städtischen Gesellschaften stärker in die Sparbemühungen einzubinden. „Die städtischen Töchter haben in Essen ein regelrechtes Eigenleben entwickelt“, kritisierte er. In diese Richtung denkt auch die FDP. „Gerade bei den großen Defizitgesellschaften muss über eine Verringerung des kommunalen Zuschusses nachgedacht werden. Hier gehört einiges auf den Prüfstand“, erklärte Fraktionsvorsitzender Hans-Peter Schöneweiß.

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Der Bund der Steuerzahler riet Essen, darüber hinaus über den Verkauf städtischer Beteiligungen nachzudenken und dieses Geld in den Schuldenabbau zu stecken. „Keine Privatisierung um jeden Preis. Aber jede städtische Beteiligung sollte auf den Prüfstand“, meinte Kanski.

Städtische Töchter sollen zur Haushaltskonsolidierung beitragen

Unabhängig von der Kritik sollen die städtischen Töchter durchaus zur Haushaltskonsolidierung beitragen. Die Holding EVV, in der mehrere Tochterunternehmen wie Stadtwerke oder Evag gebündelt sind, soll nächstes Jahr 3,2 Millionen Euro und 2016 sogar 6,6 Millionen Euro mehr erwirtschaften. Unter der Hand heißt es dort schon, dass dies kaum machbar ist.

Die SPD erneuerte nochmals ihre Forderung, auch über eine Erhöhung der Gewerbesteuer nachzudenken. „Es geht uns um eine gerechte Lastenverteilung zwischen Einwohnern und Unternehmen. Wir werden das auch mit unserem Kooperationspartner (gemeint ist die CDU – Anm.d.Red) ergebnisoffen beraten“, so der Fraktionschef Rainer Marschan.

Diese Überlegungen lösen die Gegenwehr bei Wirtschaftsverbänden aus. Gerald Püchel, Hauptgeschäftsführer der IHK, nannte die Überlegungen „ein nicht nachvollziehbares Gedankenspiel“. Unternehmen seien ebenso wie Privathaushalte von der Grundsteuer betroffen. „Gerecht wäre es hingegen, sich schon beim übernächsten Haushaltsentwurf die Frage zu stellen, ob die Grundsteuererhöhung nicht wieder rückgängig gemacht werden könnte“, so Püchel.

Zur Tabelle mit Beispielen für die Erhöhung der Grundsteuer.