Essen. . Seit zehn Jahren bildet das Essener Huyssensstift ehrenamtliche Sterbebegleiter aus: Das klingt nach einer schweren Aufgabe, doch die Teilnehmer erleben sie als große Bereicherung. Oft gehe es weniger um den Tod als darum, das Leben noch einmal zu genießen.

Abschied zu nehmen von einem sterbenden Menschen, das ist ein schwerer Moment – und doch gibt es Ehrenamtliche, die sich gern darauf einlassen. Manche empfinden diese Aufgabe als so bereichernd, dass sie nun schon ein Jahrzehnt als Sterbebegleiter arbeiten. So wie die erste Gruppe des palliativen Begleitdienstes „Pallium“, den die Kliniken Essen-Mitte (Huyssens-Stift) vor zehn Jahren gründete. Die langjährigen Ehrenamtlichen erzählen weniger vom Tod als von der Kunst, das Leben zu genießen und möge es auch noch so kurz währen.

Die Pioniere von damals sind also bis heute aktiv, tauschen sich regelmäßig aus, und wollen Ende September gemeinsam das Zehnjährige feiern, sagt Bernhard Stapenhorst. Der Frauenarzt hatte lange Zeit auf der Geburtsstation des Huyssens-Stift gearbeitet, dass er nun als Pensionär todkranke Menschen begleitet, empfindet er als schlüssig: „Ich habe vielen Menschen auf die Welt geholfen, nun helfe ich ihnen aus der Welt. Da schließt sich der Lebenskreis.“

Ein Jahr intensive Vorbereitung

Mit dem Arztkittel hat er freilich auch seinen Beruf abgelegt; Stapenhorst tritt nun als Zuhörer, Helfer, Tröster ans Krankenbett: Aufgaben, für die das medizinische Personal keine oder kaum Zeit hat. Aufgaben, die Freunde und Familie mitunter überfordern. Die ehrenamtlichen Sterbebegleiter werden auf diese Herausforderung darum fast ein Jahr lang intensiv vorbereitet: Sie befassen sich mit spirituellen Fragen, lernen, was Geistheilung bedeutet und was die Krankensalbung ist. Sie erwerben medizinisches und pflegerisches Grundwissen, machen Praktika im Hospiz und auf der Palliativstation.

Wie sie später helfen, ist so vielfältig wie die Menschen, die sie begleiten. Manche brauchen ganz praktische Hilfe wie Einkauf oder Kinderbetreuung, für andere sind Nachtwachen oder Fürsorge wichtig. Ein Rollstuhlfahrer lebte beim Ausflug an die Ruhr auf, ein junger Fußballfan, freute sich übers Mario-Götze-Bild im Krankenzimmer, mit einem älteren Herrn sang Stapenhorst ein Reeperbahn-Lied. Er habe Menschen erlebt, die immer im sozialen Abseits standen und erstmals Zuwendung erfuhren: Für manche war der letzte Wunsch, der erste, der ihnen auch erfüllt wurde.

Info-Veranstaltung für Ehrenamtliche

„Pallium“ (lat. Mantel) heißt der palliative Begleitdienst der Kliniken Essen-Mitte (Huyssens-Stift), der vor zehn Jahren gegründet wurde. Er zählt heute gut 50 Freiwillige.

Der nächste Vorbereitungskurs für ehrenamtlich Sterbe- bzw. Lebensbegleiter soll im Oktober starten. Eine Info-Veranstaltung findet am Donnerstag, 28. August, 10 bis 12 Uhr im Konferenzraum des Huyssens-Stifts an der Henricistr. 92 statt (2. OG über der Kapelle).

Eine Anmeldung für die Info-Veranstaltung ist nicht nötig. Fragen zu Veranstaltung und Kurs werden beantwortet unter: Tel. 0201- 174 24 353 (mit AB).

Es geht auch um Lebensfreude

Trotzdem will Stapenhorst das Sterben nicht beschönigen: Es gebe Patienten, die unter Atemnot, Angst und Schmerzen leiden, die kaum zu lindern seien. Aber weil es Zeit davor eben nicht allein um den Tod, sondern auch um Lebensfreude geht, spricht man bei Pallium heute davon, Sterbe- bzw. Lebensbegleiter auszubilden. Rund 50 Ehrenamtliche hat man im Laufe der zehn Jahre gewonnen, Ende Oktober soll der nächste Vorbereitungskurs beginnen. Nächsten Donnerstag gibt es eine Info-Veranstaltung.

Die erste Gruppe spricht mit Wärme von dieser Aufgabe, von Fremden, die Freunde wurden. Als Mario Götze Deutschland zum Weltmeistertitel schoss, dachte Stapenhorst an den jung gestorbenen Fußballfan: „Wie der sich gefreut hätte!“