„Es gibt zwei Grenzsituationen im Leben“, sagt Dorle Streffer im Büro der Ambulanten ökumenischen Hospizgruppe Werden in der Dudenstraße 14 gegenüber der Evangelischen Kirche. „Die eine ist die Geburt des Menschen, und die zweite Begrenzung ist die seines Todes.“ Und der dürfe nicht ausgeklammert, verdrängt oder vernachlässigt werden, hebt die Werdenerin, die sich seit vielen Jahren auch in der Evangelischen Kirchengemeinde engagiert, ausdrücklich hervor.
Rund um die Uhr, Tag und Nacht
Sie ist Initiatorin und Ansprechpartnerin für die Gruppe, selbst Begleiterin und Vorsitzende des Fördervereins für die ambulante und konfessionsübergreifende Einrichtung. Hier wir ein jeder, unabhängig von seiner Religionszugehörigkeit, Weltanschauung, seiner Herkunft, finanziellen oder sozialen Situation, auf Wunsch in der letzten Phase seines Lebens betreut und begleitet - übrigens: rund um die Uhr, Tag und Nacht, egal, ob Feier- oder Werktag und unabhängig davon, ob zu Hause oder auf dem Campingplatz.
„Menschen für Menschen“ ist ein Beweggrund für die rund 30 Frauen und Männer, die in der Hospizbewegung ehrenamtlich tätig sind und sich für andere - auf dem Fundament ihres eigenen christlichen Hintergrundes - einsetzen. Sie helfen am Ende des Lebens bei „Einsamkeit, Hilflosigkeit und auch bei Überlastung der pflegenden Angehörigen“ heißt es in dem von der Hospizgruppe herausgegebenen Faltblatt, das Adressen, Anschriften und relevante Informationen enthält und zum Beispiel im Eingangsbereich der beiden Werdener Krankenhäuser ausliegt.
Mit am ovalen Tisch sitzen die Koordinatorin Annette Hohlweck-Müller und Brigitte Hüsgen, erfahrene Hospiz-Begleiterin und stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins. Der Begriff der Sterbebegleiterin im Umgang mit dem Kranken wird auch im sonstigen Sprachgebrauch bewusst vermieden. Annette Hohlweck-Müller führt die Einsatz- und Urlaubspläne der Ehrenamtlichen, nimmt Anfragen und Meldungen entgegen und stellt den ersten Kontakt zu den Betroffenen her. Sie ist halbtagsbeschäftigt und hauptamtlich tätig, so wie es in allen neun Essener Hospizgruppen vom Süden bis zum Norden üblich ist.
Brigitte Hüsgen hat trotz ihrer Erfahrung immer noch „Herzklopfen“, wenn sie die Tür zu einem neuen Patienten öffnet und darüber nachdenkt, was sie dort „erwartet“. „Seit ich meinen Dienst versehe, bin ich dankbarer geworden und lebe bewusster.“
Brigitte Hüsgen findet es auch vorteilhaft, wenn die Angehörigen friedlich Abschied nehmen und hinterher selber dankbar sind, dabei gewesen zu sein. Den eigenen Tod müssen wir sterben, doch mit dem Tod der anderen leben wir, heißt es bei Masha Kaleko.
Das Lebensende ist ein sensibles Thema. Jemanden in der letzten Daseinsphase zu begleiten, dazu bedarf es einer umfassenden Vorbereitung und Kenntnisvermittlung. „Die Vorbereitung erstreckt sich über drei Phasen“, erklärt Dorle Streffer. Das Ende markiere ein externes Wochenendkompakt-Seminar, an dem man sich mit anderen Teilnehmern noch mal austauschen und sich endgültig entscheiden könne, ob man in der Lage ist, diesen Dienst am Menschen zu leisten und ob man letztendlich auch dazu bereit ist.
„Die geeignet sind und sich dazu bereit finden, erhalten im abschließenden ökumenischen Sendungsgottesdienst ein Zertifikat ausgehändigt.“ In der Vorbereitung informiert u. a. ein Jurist über die „Schweigepflicht“ der Ehrenamtlichen und darüber , dass keine Geschenke angenommen werden dürfen. Auch wichtig: Ein Kommunikationsprofi erzählt vom richtigen Zuhören, Antworten und der nonverbalen Sprache.