Essen. Bei einer Sondertour der Essener Marketing Gesellschaft machten sich 15 Neugierige auf die Suche nach der Fußball-Legende Helmut Rahn. Dabei sahen die Teilnehmer nicht nur das Geburtshaus des Weltmeisters, sondern konnten auch mit einem alten Nachbarn der Familie Rahn sprechen.

„Der Mann ist ein bisschen schwer zu greifen“, stellt Fremdenführer Dirk Slawatzki fest, während sich der Reisebus langsam in Bewegung setzt. Vor dem Hauptbahnhof bereitet sich gerade ein ganzer Tross von Polizisten für den Einsatz beim Heimspiel der Kicker von Rot-Weiss Essen gegen Alemannia Aachen vor. Doch für die 15 Gäste der Helmut-Rahn-Sondertour der Essener Marketinggesellschaft (EMG) geht es heute in die goldene Vergangenheit des Essener Fußballs.

„Meine Eltern haben in der Stadiongaststätte von Heinz Wewers gearbeitet. So habe ich noch als Pimpf den Helmut Rahn spielen sehen“, erzählt Werner Delker (64) aus Borbeck. Gemächlich zockelt der Bus in Richtung Hafenstraße, zumindest geografischer Ort von Delkers Kindheitserinnerungen. Das aktuelle Heimspiel war den Tour-Organisatoren wohl doch zu umständlich, der eigentlich finale Besuch wird vorgezogen.

Mythos und Kulturgut, Held der jungen Bundesrepublik

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„Ich finde das neue Stadion vom Charakter her ebenso emotional, wie das alte. Nur die Lücken zwischen den Tribünen müsste man noch irgendwie füllen“, kommentiert Delker im Schatten der Rahn-Statue vor dem modernen Stadion Essen. Genau auf diese Stelle hat er bis in die 1970er Jahre häufig seine Augen gerichtet, die Figur steht am alten Elfmeterpunkt. Das ist der berühmte Rahn, Mythos und allgemeines Kulturgut, Held der jungen Bundesrepublik, Weltmeister, deutscher Fußballmeister und Pokalsieger.

Dem unbekannteren Bergmannssohn des Nordens versucht Fremdenführer Slawatzki an der nächsten Station, dem Altenessener Leseband, auf die Spur zu kommen. Zu Rahns Zeiten lag das romantische Sträßchen mit dem damaligen Namen Schulstraße noch in Katernberg. Straßenfußballer sind heute hier keine mehr zu sehen, die Zeiten haben sich eben geändert.

Kartoffelspiele in Oelde - Naturalien als Bezahlung

Das Kicken erlernte Rahn nur einige kräftige Fernschüsse entfernt, auf dem Platz vom SV Altenessen 12, am Fuße der heutigen Schurenbachhalde.„Hier ist Rahn aufgewachsen, bevor er seine Karriere mit Kartoffelspielen in Oelde begann. Bei denen gab es nach dem Krieg noch Naturalien als Bezahlung“, berichtet Slawatzki vor dem Geburtshaus.

Zu seiner Essener Spielzeit lebte der Boss dann in Frohnhausen, doch spielen sollte er nur im Norden. „Früher war das ein Rasenplatz“, erläutert Fremdenführer Slawatzki mit Blick auf den roten Ascheplatz im Katernberger Stadion Lindenbruch. Auch auf der nächsten Etappe der Retro-Tour haben sich die Uhren weitergedreht. Ein Jahr lang hat Helmut Rahn bei den Sportfreunden Katernberg gekickt, bevor er zu den Roten wechselte. Die Ablöse? Ein Zaun für die Katernberger, damit die Schwarzgucker ausgeschlossen wurden.

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„Der Helmut ist aber immer mal wieder zum Leseband gekommen, der hat nie vergessen wo er aufgewachsen ist“, schildert ein Zeitzeuge. Herbert Frank (74) ist ein absoluter Glücksfall für die Gruppe, in der Hand hält er Ansichtskarten und Bilder vom Boss, den Kopf hat der ehemalige Nachbar der Rahns voller Anekdoten. „Mein Bruder Heinz war taubstumm und von Kindesbeinen einer der besten Freunde vom Helmut. Als der dann Spieler war, hat er uns immer mal wieder zu den Auswärtsspielen mitgenommen“, sagt Frank und muss lächeln. Ja, und seinen Opel Kapitän, den hat er 1965 auch beim Autohandel von Hans und Helmut Rahn an der Altenessener Straße gekauft.

Für diesen späten Rahn, den so schwer greifbaren und öffentlichkeitsscheuen, und einen Besuch in der Frohnhauser Stammkneipe „Friesenstube“ bleibt keine Zeit mehr. Rot Weiß-Essen hat Freikarten für das heutige Heimspiel spendiert und Werner Delker und Co lassen sich noch einmal in der Nähe des Stadions absetzen. Sie werden ein spannendes 1:1 erleben. Golden ist die Gegenwart des Essener Fußballs nicht, aber ganz grau dann wieder auch nicht.