Warum Essen kaum legale Alternativen zu Freibädern hat
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Essen. . Wer keine Freibäder mag, aber Schwimmen will, hat’s in Essen schwer: Ruhr und Baldeneysee sind offiziell tabu für Schwimmer, am Niederfeldsee will die Stadt das Verbot jetzt durchsetzen. Am Rhein-Herne-Kanal hingegen reicht es, beim Baden Abstand zu den dortigen Brücken zu halten.
Nicht jeder, der im Sommer gern ins Wasser geht, mag Freibäder. Ein Dilemma, denn in allen anderen Gewässern in Essen ist das Baden entweder verboten, mindestens aber bewegt man sich in einer rechtlichen Grauzone. Allzu viele scheint das aber nicht zu stören, im Gegenteil. Zwar fehlen Zahlen, doch wenn man dem Augenschein trauen darf, dann scheinen die Sitten von Jahr zu Jahr lockerer zu werden. Die „ordnungsbehördliche Verordnung“ der Stadt wird nicht so recht ernst genommen.
Besonders am Baldeneysee und entlang des Ruhr-Ufers gibt es inzwischen viele illegale Badestellen, die unter dem Aspekt entstanden sind: Leicht ins Wasser und leicht wieder raus. Rund um die Anleger der Heisinger Segelvereine etwa suchen an heißen Tagen mitunter Dutzende Kühlung im See, der landschaftlich hier besonders schön ist und bis in den Abend Sonnenschein bietet. Von Kontrollen oder Bestrafungen ist nichts bekannt.
Vermutlich hat auch die Debatte um das Forschungsprojekt „Sichere Ruhr“ zum Anstieg des wilden Schwimmens beigetragen. In einer mehrjährigen Messreihe waren die Wasserverbände und Wissenschaftler der Uni Duisburg-Essen zu dem erfreulichen Ergebnis gekommen, dass unter hygienischen Gesichtspunkten Baden bei längeren Trockenperioden gefahrlos möglich ist. Nur nach Starkregen gelangen über Straßen, Äcker und überlaufende Kläranlagen so viele Schadstoffe in See und Fluss, dass für einige Tage vom Schwimmen abgeraten wird.
Die Hygiene ist das eine, die Sicherheit das andere. Ruhrverbands-Sprecherin Britta Balt warnt vor allem vor dem Schwimmen in der Ruhr, die stellenweise eine hohe Fließgeschwindigkeit hat mit Strudeln und Unterströmungen, die tückisch sein können. Nicht jeden hält das aber ab, wie der rege Badebetrieb am Wochenende etwa am Ufer in Steele-Horst oder am Spillenburger Wehr zeigte.
Schwimmen im Rhein-Herne-Kanal an Brücken verboten
Ganz so viele Tücken hat der Rhein-Herne-Kanal nicht, vielleicht ist das Verbot auch deshalb hier gelockert. Das Schwimmen wird „praktisch geduldet“, heißt es, doch genau genommen ist es so: Baden im Kanal ist erlaubt, aber 100 Meter vor und hinter Brücken ist es verboten. „Das wird“, teilt ein Sprecher der Wasserschutzpolizei mit, „bei entsprechendem Wetter auch kontrolliert.“ Dabei hat kein Polizist ein Metermaß dabei, Markierungen sollen für Klarheit sorgen.
Weil das Schwimmen in der Nähe von Kanalbrücken verboten ist, ist natürlich auch der Sprung nicht erlaubt. „Die Wasserstraße ist an Brücken in der Regel verengt“, erklärt der Sprecher der Wasserschutzpolizei. „Kommt ein Schiff, kann ein Schwimmer schlechter ausweichen. Eine Flucht ans sichere Ufer ist gar nicht möglich.“ Wer das Verbot missachtet - und das sind an schönen Tagen viele -, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Kostenpunkt: zwischen fünf und 1000 Euro liegt. Ob das schon mal vollstreckt wurde, war nicht zu erfahren.
Der Rhein-Herne-Kanal in Essen
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Diskussion um Schwimmen im Niederfeldsee
Die meisten Teiche und Mini-Seen in Essen reizen nicht sonderlich zum Baden, eben weil sie allzu klein und/oder verschlammt sind. Mit dem Niederfeldsee in Altendorf ist nun aber ein Gewässer hinzugekommen, das vor allem Jugendliche und Kinder aus der Umgebung magisch anzieht. Selbstverständlich ist aber auch hier das Baden verboten, Schilder weisen ausdrücklich darauf hin, werden aber ignoriert. Anwohner der neuen Allbau-Häuser am See klagen an heißen Tagen über Lärm, Müll und plattgetrampelte Uferpflanzen, selbst Wildpinkler wurden beobachtet.
Verbote sind hier klarer zu begründen, weil der Niederfeldsee ein stehendes Gewässer ist, das umkippen kann, wenn zu viele drin schwimmen. Die Stadt hat angekündigt, mit Streifen des Ordnungsamts verstärkt auf die Einhaltung des Verbots zu achten. Auch Mülleimer, neu aufgestellt, sollen die ärgsten Probleme eindämmen.
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