Essen. . Das Natur-Schwimmen in der Ruhr und im Baldeneysee ist eines der Vorzeigeprojekte der Bewerbung der Stadt Essen für den Titel „Grüne Hauptstadt Europas“. Ein Forschungsprojekt zeigte, dass das Baden in den Gewässern wieder möglich sein könnte.

Noch ist es nicht erlaubt, aber das könnte sich bald ändern: Nach jahrelangen Diskussionen ums Bade-Verbot im Baldeneysee und in der Ruhr erscheint es derzeit wahrscheinlicher denn je, dass die Bürger in ihren Gewässern künftig wieder schwimmen dürfen.

Sollte die Stadt Essen am morgigen Dienstag in Kopenhagen die Zusage bekommen, sich 2016 mit dem Titel „Grüne Hauptstadt Europas“ schmücken zu dürfen, wird Bewegung in die Sache kommen. Das haben die Entscheider im Rathaus versprochen. Umweltdezernentin Simone Raskob nannte die Freigabe der Gewässer für Schwimmer „eines meiner Lieblingsprojekte im Zuge der Bewerbung“.

Momentan ist es aber noch so: Wer beispielsweise im Baldeneysee schwimmt, begeht eine Ordnungswidrigkeit – und riskiert ein Bußgeld. So steht es unter Paragraf 8, Absatz 1, der „Ordnungsbehördlichen Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Stadtgebiet Essen“. Seit 1971 ist das künstlich geschaffene Gewässer für Schwimmer tabu.

Menschenscharen am Seeufer

Zuvor war lange Jahre gegen naturnahes Baden nichts einzuwenden. Alte Fotos erinnern daran, wie an heißen Sommertagen Menschen in Scharen an die Ufer des Baldeneysees pilgerten und wie selbstverständlich zur Abkühlung in die Fluten stiegen.

Schon in den frühen 1950ern gab es aber das erste Badeverbot für die untere Ruhr, aus hygienischen Gründen. Heute werden noch strengere Maßstäbe angelegt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass – etwa nach Starkregen oder Hochwasser – Krankheitserreger ins Wasser gelangen, hieß es immer wieder.

StadtgrünAn diesem Problem hat auch das aufwändige Forschungsprojekt „Sichere Ruhr“ nichts geändert – und doch haben die Experten Wege aufgezeigt, die den Essenern das Baden in Fluss und See wieder ermöglichen könnten. Zwei Jahre lang haben Wissenschaftler in einer groß angelegten Messreihe, die alle möglichen Wetter- und Wasserlagen berücksichtigte, dem Ruhrwasser im Großen und Ganzen Badequalität bescheinigt. Spätestens im Februar soll ihr Abschlussbericht vorliegen.

Doch selbst wenn die Wasserqualität einwandfrei wäre, blieben offene Fragen bei der Organisation des Badebetriebs: Wer sperrt das Gelände bei Schwimmverbot, wer kümmert sich um die bauliche Infrastruktur eines möglichen Strandbades, und wer informiert die Bürger über die aktuelle Wasserqualität? Im Gespräch ist eine Art Ampel, möglicherweise im Internet oder als App fürs Smartphone: „Grün“ bedeutet „Schwimmen ist möglich“, „Rot“ hieße „Raus aus dem Wasser“.

Schilder dürften nicht ausreichen

Das Aufstellen eines Schildes mit der Inschrift „Baden auf eigene Gefahr“ – wie es in Deutschland vielerorts angewandt wird – dürfte jedenfalls laut Ruhrverband kaum ausreichen, um eine verlässliche Grundlage für das naturnahe Baden zu schaffen. „Ich halte es für gewagt, zu glauben, dass es in diesem Jahr noch etwas wird mit dem Schwimmen in der Ruhr“, sagte Ruhrverband-Sprecher Markus Rüdel erst jüngst dieser Zeitung.

Schwimmen als Referenzprojekt

Es bräuchte eine verlässliche Stelle, die den Badebetrieb und alle damit verbundenen Aufgaben koordiniert. Freiwillige Bürger oder Vereine, das hat sich in der Vergangenheit gezeigt, stehen nicht gerade Schlange. Also bleibt die Stadt – und die könnte es sich als „Grüne Hauptstadt“ durchaus gönnen, eine solche Koordinierungsstelle einzurichten. Schließlich gilt das Schwimmen in Fluss und See als Referenzprojekt der Bewerbung für den prestigeträchtigen Titel. Befürworter des naturnahen Badens dürfen also hoffen.