Essen. . Schneller raus aus den Schulden – so lautet das plakative Versprechen der Insolvenz-Reform. Doch der Leiter der Essener Schuldnerhilfe, Wolfgang Huber ist skeptisch: „Das Gesetz geht an fast allen vorbei.“ Die Hürden für die Entschuldung seien immer noch zu hoch.
Auf dem Papier klingt es gut: Mit der Insolvenz-Reform Anfang des Monats können Betroffene schneller raus den Schulden. Doch Wolfgang Huber, Leiter des Vereins Schuldnerhilfe Essen, weiß aus seiner Beratungs-Praxis: „Das Gesetz geht an den meisten hier in Essen vorbei. Die Hürden sind so hoch, dass sich für den Otto-Normal-Schuldner nichts ändern wird.“
Überschuldete Menschen können sich jetzt schon nach drei Jahren von der Restschuld befreien lassen, wenn sie bis dahin 35 Prozent ihrer Miesen getilgt haben. Doch er kenne kaum jemanden, der ein entsprechend hohes pfändbares Einkommen habe, meint Huber. „Zu uns kommen die armen Schuldner.“ Meist sind es Hartz-IV-Empfänger ohne große Aussicht auf Arbeit, die Hilfe in der Beratungsstelle am Pferdemarkt suchen.
Im Schnitt haben die Betroffenen 35.000 Euro Schulden angehäuft. Sie müssten also über 12.000 Euro binnen drei Jahren zurückzahlen, wenn sie schneller aus dem Insolvenzverfahren raus wollen. Doch zu den 35 Prozent kommen noch Zusatzkosten für den Insolvenzverwalter hinzu, so dass die Quote noch viel höher liegt. „Das ist völlig illusorisch. So viel Geld haben die wenigsten. Ich würde sagen, bei uns wird es nicht einen einzigen geben, der das schafft“, schätzt Huber.
Verkürzung des Insolvenzverfahrens kostspielig
Zwar gibt es für Schuldner zudem die Chance, das Insolvenzverfahren zumindest von sechs auf fünf Jahre zu verkürzen. Bedingung: Sie müssen die Verfahrenskosten von etwa 1500 Euro selbst tragen. Doch auch da ist Huber skeptisch, ob das viele erreicht. Denn selbst diese Summe sei für viele eine große Hürde.
Im vergangenen Jahr begleitete die Schuldnerhilfe in Essen insgesamt 290 Insolvenzfälle. Bis Ende Juni waren es in diesem Jahr schon 175. Wenn sich die Entwicklung der ersten sechs Monate fortsetzt, dann könnte es am Jahresende ein sattes Plus von über 20 Prozent geben.
Betroffene in Essen müssen jedoch meist lange warten, bis sie ins Insolvenzverfahren gehen können. Bei der Schuldnerhilfe gibt es lange Wartelisten. Gleiches gilt für die Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale. Anfang Mai hatte die Schuldnerhilfe ihre Liste wieder für Neuanmeldungen geöffnet. Nach wenigen Tagen waren die 100 Termine schon wieder vergeben. Huber rechnet damit, dass die nächste Liste nicht vor Anfang kommenden Jahres wieder öffnet.
Viele suchen deshalb zunächst das Beratungsgespräch. Auch die offenen Infoveranstaltungen, die der Verein zusammen mit der Verbraucherzentrale neun Mal im Jahr anbietet, werden immer stärker besucht. „Wenn der Trend anhält, müssen wir wohl mehr Termine anbieten“, sagt Huber.