Essen. . FDP-Parteichef Ralf Witzel sieht Gefahr für Handwerksbetriebe. Kreishandwerkerschaft teilt Dramatik nicht .
So jung und schon so unbeliebt: Gerade mal neun Tage ist sie alt, die grüne Umweltzone. Doch auch schon ihre kleinen Geschwister rot und gelb hatten unter den Autofahrern keinen großen Fanclub. Als politische Angriffsfläche hat sie nun der Essener FDP-Parteichef Ralf Witzel auserkoren. Die ausgewachsene Grünzone bremse Handwerksbetriebe und Markthändler endgültig aus. Meint Witzel und stellte eine Anfrage an NRW-Umweltminister Johannes Remmel: Wie die Landesregierung denn verhindern wolle, dass Gewerbetreibende ihre Existenzgrundlage durch unverhältnismäßige Fahrverbote verlieren.
Die Forderung des FDP-Manns: eine großzügigere Handhabung bei Ausnahmeregelungen für Altfahrzeuge in der Umweltzone Ruhr. „Ich befürchte massive Probleme für viele Bürger und Unternehmen“, sagt Witzel. Der Bedarf nach Sondergenehmigungen sei schon groß gewesen, als noch mittlere Güteklassen der Abgasnorm erlaubt gewesen sind. Seit Einführung der Umweltzonen 2010 seien in Essen 1.395 Sondergenehmigungen für Handwerker erteilt worden. „Die meisten hiervon waren auf ein Jahr befristet und laufen bald aus“, erklärt Witzel.
Mit Partikelfilter nachgerüstet
Auch ohne die aktuellen Verschärfungen habe die Umweltzone bereits dazu geführt, dass über 40.000 Autos und über 10.000 Nutzfahrzeuge mit Partikelfiltern nachgerüstet worden sind. Weitergehende Verbotsregelungen führen laut Witzel zu unnötigen Härten und ausufernder Bürokratie. „Kosten und Nutzen weiterer Daumenschrauben stehen in keinem sinnvollen Verhältnis mehr“, meint Ralf Witzel.
Die Antwort des Landes dürfte dem FDP-Politiker keine großen Hoffnungen gemacht haben. Zusätzliche Ausnahmeregelungen für Umweltzonen seien nicht vorgesehen. Der Landesumweltminister setze sich jedoch dafür ein, dass die Nachrüstung eines Partikelfilters wieder gefördert werde. Wegen hoher Nachfragen war der anfangs bereitgestellte Fördertopf mit insgesamt 60 Millionen Euro bereits im Juni 2013 vollständig leer.
Verschärfte Immissionsauflagen
Zudem gelte für Handwerker nach wie vor das Angebot, bei der Anschaffung eines Fahrzeugs mit dem neuen Abgasstandard Euro 6 einen Tilgungszuschuss in Höhe von 800 Euro in Anspruch zu nehmen. Wobei Letzteres eher als Präventivmaßnahme für etwaige in Zukunft verschärfte Immissionsauflagen zu beurteilen ist.
Auch ohne zusätzliche Ausnahmeregelungen sieht Ulrich Meier von der Kreishandwerkerschaft Essen bei der grünen Zone nicht ganz so rot wie der FDP-Politiker. „Die neuen Regelungen waren mit vielen Jahren Vorlauf angekündigt, so dass auch die Betriebe die Möglichkeit hatten, sich darauf einzustellen“, erklärt der Hauptgeschäftsführer. Die Ausnahmeregelungen für Unternehmen mit zwei oder mehr Nutzfahrzeugen und bei wirtschaftlichen und sozialen Härtefällen gebe es nach wie vor. „Natürlich bekommen wir momentan wieder viele Anfragen von Betrieben, die verunsichert sind“, erzählt Meier. Massive Existenznöte, die aus der grünen Umweltzone entstehen, konnte er jedoch bislang nicht beobachten. „Aufspringen würde ich, sollte es tatsächlich noch zu weiteren Einschränkungen kommen, wie beispielsweise rund um das Thema Stickstoffdioxid“, erklärt Meier. „Daraus resultierende wiederholte Umrüstungen und Neuanschaffungen könnten gerade für kleine Betriebe tatsächlich den Genickbruch bedeuten“. Ansonsten aber sieht die Handwerkerschaft alles im grünen Bereich.