Essen. Die Stadt verbietet ihnen, sich zusätzliche Leistungen von Eltern bezahlen zu lassen. Sie beruft sich dabei auf eine Neuregelung des Kinderbildungsgesetzes. Betroffene Kindertagespflegerinnen wollen sich wehren.
Unruhe und Unverständnis herrscht bei einem Teil der knapp 500 selbstständigen Tagesmütter, die es in Essen gibt. „Wir dürfen ab August keine zusätzlichen Zahlungen wie Essensgeld von den Eltern einfordern“, sagt Claudia Gößling, Vorsitzende der Interessengemeinschaft Kindertagespflege, „wer dagegen verstößt, erhält kein Geld mehr vom Jugendamt“. Das hat der Rat der Stadt nach Vorlage des überarbeiteten Kinderbildungsgesetzes (KiBiz), das auch die Bezahlung von zertifizierten Tagesmüttern durch die öffentliche Hand regelt, so entschieden.
Betroffen sind vor allen Dingen die Tagesmütter, die sich für die Betreuung eigene Räume angemietet haben. Wie zum Beispiel Manuela Lopes-Heiler. „Für mich sind das 1000 Euro weniger im Monat“, klagt sie, „das geht an meine Existenz“. Fünf Kinder zwischen acht Monaten und zwei Jahren betreut die 43-Jährige in einer kindgerecht eingerichteten 100 Quadratmeter großen Wohnung. Neben den 836 Euro pro Kind, die sie vom Jugendamt erhält, haben die Eltern, neben den üblichen, dem Gehalt angemessenen Pauschalen, 200 Euro zusätzlich gezahlt. Und zwar ohne Probleme oder Einwände, wie Manuela Lopes-Heiter beteuert. „Alle Einnahmen sind brutto. Davon muss ich mich versichern, Renten- und Arbeitslosenbeiträge, Miete und Steuern zahlen, Rücklagen für Instandhaltung und Reparaturen bilden“, so die Tagesmutter, „da bleibt nicht mehr viel übrig“.
Das geht an die Existenz
„Wir verhalten uns gesetzeskonform und finden die neue Regelung gut.“Peter Herzogenrath, Sprecher des Jugendamtes, kann die Aufregung der Kindertagespflegemütter nur bedingt nachvollziehen. Schließlich seien die Stundensätze pro Kind deutlich angehoben worden, gestaffelt nach der Qualifikation und den Berufsjahren der Tagesmütter. Außerdem gebe es einen Mietkostenzuschuss von 3,82 Euro pro Quadratmeter und, als zusätzliche Sicherheit, endlich eine einmonatige Kündigungsfrist. Die Abkoppelung der privaten Zuzahlung würde zudem zu einer deutlichen Entspannung zwischen Eltern und Tagesmutter führen.
„Das sehe ich nicht so“, meint Claudia Gößling, „unsere Eltern haben sich ja bewusst für das waldorfpädagogische Konzept, für die Biokost, die musikalische Frühförderung, die wir in unserer Gruppe anbieten, entschieden und sind bereit, dafür mehr zu zahlen.“ Jedem stehe es frei, Zusatzangebote für das Kind in Anspruch zu nehmen. Dafür sollte man allerdings entsprechend entlohnt werden. „Es kann doch nicht sein, dass man mir als selbstständiger Unternehmerin die Preise vorschreibt.“ Dieser Beschluss, so Gößling weiter, verletze massiv die Berufsausübungsfreiheit der Tagesmütter und die Handlungsfreiheit der Eltern. „Wir werden auf jeden Fall anwaltlich dagegen vorgehen.“ Im benachbarten Bottrop haben Tagesmütter bereits gegen die Neuregelung geklagt. Und gewonnen.