Essen. Die Essener Gastronomie rüstet sich für die Fußball-WM: Obwohl viele Spiele erst nach 22 Uhr angepfiffen werden, ist das Rudelgucken im Freien erlaubt. Gastwirte müssen das nur beim Ordnungsamt anmelden und eine Gebühr bezahlen. Und die Anwohner? Die müssen den Lärm in Kauf nehmen.
Essens Gastronomen rüsten sich für die Fußball-WM, die in der kommenden Woche beginnt: „Praktisch alle, die eine Leinwand oder einen Fernseher im Gastraum haben, zeigen zumindest einen Teil der Spiele“, sagt Christiane Behnke, die dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Essen vorsitzt.
Der Verband, dem etwa die Hälfte der Essener Gastwirte angehören, habe seine Mitglieder auch darauf aufmerksam gemacht, dass man das Public Viewing beim Ordnungsamt gebührenpflichtig anmelden muss, sofern man Spiele nach 22 Uhr und im Außenbereich überträgt.
Ruhebedürfnis soll „nicht zu arg strapaziert“ werden
„Grundsätzlich sind ab zehn Uhr abends alle Tätigkeiten untersagt, die geeignet sind, die Nachtruhe zu stören“, erklärt Ordnungsamtsleiter Günther Kraemer. Ausnahmen sehe das Landesemissionsschutzgesetz nur vor, wenn es ein öffentliches Interesse gebe; das gelte etwa für Großveranstaltungen mit Tausenden von Besuchern. Im Fall der Fußball-WM in Brasilien, bei der viele Spiele erst nach 22 Uhr angepfiffen werden, habe die Bundesregierung aber früh den Weg für Ausnahmeregelungen frei gemacht, das Land NRW und die Stadt zogen mit.
„Die Gastwirte sollten den Regler aber nicht bis zum Anschlag aufdrehen, damit das Ruhebedürfnis der Anwohner nicht zu arg strapaziert wird“, sagt Kraemer. Und sie sollten keine Spiele nach draußen übertragen, die erst um Mitternacht oder später starten; für die Deutschland-Spiele gilt das aber ohnehin nicht.
Einen festen Dezibel-Grenzwert hat das Ordnungsamt nicht festgelegt: Zum einen gehe man davon aus, dass sich der Interessenausgleich zwischen Fans und Nachbarn am besten vor Ort herstellen lasse, zum anderen habe man gar nicht das Personal, „um sich mit dem Messgerät vor jede Kneipe zu stellen“.
Polizei geht von friedlichen Feiern aus
Dabei ist die Zahl der Lokale, die die WM-Partien draußen übertragen und das beim Ordnungsamt angemeldet haben, überschaubar: Ganze elf Anträge liegen der Stadt vor. Vermutlich ist nicht jedem Kneipenbesitzer bewusst, dass die Anmeldung Pflicht ist und mit einer Gebühr von 150 Euro einher geht.
Gelassen sieht die Polizei der WM entgegen: „Wir gehen von friedlichen Feiern aus“, sagt Sprecherin Tanja Hagelüken. Wenn entnervte Anwohner die Beamten rufen, werde man den Einzelfall selbstredend prüfen. „Ist die Veranstaltung angemeldet, müssen Nachbarn jedoch gewisse Beeinträchtigungen in Kauf nehmen. Da ziehen wir nicht gleich den Stecker.“
Beim Rudelgucken wie bei den Autokorsos sollte man die polizeiliche Toleranz aber nicht zu sehr herausfordern: „Jubeln und Hupen sind erlaubt, rote Ampeln etwa sind tabu. Auch zur Fußball-WM gibt’s keine rechtsfreien Räume.“