Essen. . Das Glasfaser-Projekt in der Stadt Essen wird bis auf Weiteres eingestellt. Die Vermarktung des 2009 gestarteten und vom Stadtrat bewilligten Projekts ist gescheitert, das Geschäftsmodell wird nicht weiter verfolgt. Die städtische Holding EVV muss nun fast sechs Millionen Euro abschreiben.
Das vorläufige Ende des Glasfaser-Projekts „Essen.net“ lässt sich mit dem einfachen Satz beschreiben: Außer Spesen nichts gewesen. Der 2009 ambitioniert gestartete Plan, Essen an die schnelle Datenautobahn anzuschließen, ist vorerst gescheitert. „Das Geschäftsmodell wird nicht weitergeführt“, bestätigte Dirk Miklikowski, Sprecher der Geschäftsführung der Essener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (EVV). Die städtische Holding ist neben der Vitronet Beteiligungen GmbH Mitgesellschafter bei Essen.net.
Das Abenteuer „Essen.net“ belastet indes die städtische EVV erheblich, wie Miklikowski einräumt. Sie muss den Wert für das bereits verlegte Netz in der Geschäftsbilanz 2013 um 5,8 Millionen Euro nach unten korrigieren. Denn die Kabel liegen quasi „tot“ im Boden, weil es keine Inhalte gibt. Die Vermarktung des Netzes, mit der einst Partner Vitronet beauftragt war, ist gescheitert, genauso wie die Suche nach einem neuen Vermarktungspartner. Seit dem Start schreibt das Projekt tiefrote Zahlen.
Eine Insolvenz von „Essen.net“ sei keine Option
Ganz die Reißleine zu ziehen – das wollen die Beteiligten nicht. Eine Insolvenz von „Essen.net“ sei keine Option, so Miklikowski. Das Unternehmen werde ruhend gestellt, die laufenden Betriebskosten könnten noch dargestellt werden. Dafür sei genügend Liquidität da.
Das eigentliche Insolvenz-Risiko sind jedoch die Forderungen der Gesellschafter gegen das Unternehmen, die immerhin rund 11 Millionen Euro Darlehen in „Essen.net“ gesteckt haben. Die Forderungen seien ruhend gestellt worden, so dass keine Überschuldung drohe, betonte Miklikowski.
Entscheidung im Schweinsgalopp
Im Juni 2009 hatte der Rat der Stadt der Gründung der Gesellschaft und somit dem Aufbau des Glasfaser-Kabels zustimmt. Es sollte den diskriminierungsfreien Zugang zum schnellen Internet für mehrere Anbieter gewährleisten. In der Abstimmungs-Vorlage damals ging man von einem überschaubaren Risiko aus. Das sahen allerdings nicht alle Ratsmitglieder so. FDP und EBB beispielsweise rieten, die Finger davon zu lassen. Sie beklagten auch, dass diese weitreichende Entscheidung im Schweinsgalopp durch den Rat geboxt wurde.
Nach den damaligen Plänen sollte die Stadt bis 2014 versorgt sein. Doch bis letztes Jahr waren gerade einmal in Frohnhausen 8000 Wohnungen angeschlossen und 46 Kilometer Kabel verlegt. In Huttrop liegen 26 Kilometer in den Haupttrassen. Miklikowski hofft dennoch, dass das Thema mittelfristig an Bedeutung gewinnt: „Es ist die Technologie der Zukunft. Wir müssen Ruhe bewahren.“ Nur: Wann es den entsprechenden Bedarf an den schnellen Datenleitungen geben wird, „das weiß heute keiner.“