Essen. . Stadtweit wollte die essen.net GmbH ein Glasfasernetz für schnelleres Internet legen, doch jetzt droht dem Projekt die Pleite. Falsche Prognosen, ein juristischer Streit mit dem Netzbetreiber - das Projekt bleibt in den Anfängen stecken. Auch ein Käufer oder Mieter ist zurzeit wohl nicht in Sicht.

Das böse Wort mit „I“, da ist es wieder. Denn ja, es droht die Insolvenz, ausgerechnet bei einem zur Hälfte städtischen Tochterunternehmen, der „essen.net GmbH“. Die wollte die Essener zwischen Karnap und Kettwig mit den Segnungen des „superschnellen“ Glasfasernetzes bedenken – für Internet in Turbogeschwindigkeit und allerlei anderen Datentransfer. Doch schon nach den ersten Maschen haben sich die lokalen Netzknüpfer, die städtische Verkehrs- und Versorgungs-Holding EVV und die Firma Vitronet Beteiligungen, arg verheddert.

Bei so ziemlich allen Prognosen lag man daneben, das Geld ging zur Neige, mit dem Netzbetreiber liegt man inzwischen juristisch über Kreuz, der Ausbau wurde gestoppt und zeigt sich als kümmerlicher Torso. Ein stadtweites Netz? Gerade mal 8700 Haushalte in Frohnhausen haben das Glasfaser jetzt im Keller, auf 26 Straßenkilometern in Huttrop müssten die letzten Meter ins Haus noch verlegt werden.

Gespräche über eine Vermietung des Netzes laufen

Als vorerst letzte Chance, halbwegs glimpflich aus der Nummer rauszukommen, galt die Suche nach einem strategischen Partner, womöglich gleich der Verkauf des verlegten Netzes. Doch im städtischen Unterausschuss für Finanzen und Beteiligungen musste die EVV am Dienstag kleinlaut einräumen: Retter sind nicht in Sicht.

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Weder seien die bisherigen Vertragspartner „in der Lage oder willens, die ursprünglich geplante Geschäftstätigkeit aufrecht zu erhalten“, noch fand das beauftragte Beratungsunternehmen Ipontix jemanden, der kurzfristig als Käufer in Frage käme. Noch nicht ganz abgeschlossen sind Gespräche, das Netz zu vermieten, „der Ausgang ist ungewiss“, raunt die EVV, doch viel Hoffnung macht man sich und der Politik nicht: Die überschlägig ins Feld geführten Preisvorstellungen liegen wohl weit unter dem, was für „essen.net“ wirtschaftlich wäre.

Auch komplette Übernahme durch die Stadt denkbar

Und nun? Die Politik ist größtenteils ratlos und wohl auch ein bisschen wütend, aber nur nach innen, weil sie ja selbst den Netzausbau beschlossen hat, „weil wir uns haben anstecken lassen“ von den Versprechungen der Glasfaser-Befürworter, wie einer achselzuckend bekennt.

Nur FDP und Linke waren damals schon skeptisch – und deshalb dagegen.

Jetzt will die Stadt, will die EVV retten, was zu retten ist: Das Glasfasernetz bleibe schließlich eine werthaltige Investition. Gut möglich, dass man „essen.net“ komplett übernimmt und dann neu ausrichtet.

Im Mai, so hieß es gestern, soll die Entscheidung fallen. Insolvenz? Lieber nicht.