Essen. . Erst wird öffentlich, dass bei der Kommunalwahl ehemalige Republikaner für die „Alternative für Deutschland“ antreten. Dann leistet sich der Vorstandssprecher einen geschmacklosen Nazi-Vergleich. Die AfD kämpft ums Image.
Wenn eine Partei, die gute Chancen hat in den Stadtrat gewählt zu werden, zwei Wochen vor der Wahl gegen ihren Vorsitzenden und Spitzenkandidaten ein Parteiausschlussverfahren in Gang setzt, dann sagt das viel aus über ihr Innenleben. Das gilt dieser Tage für die „Alternative für Deutschland“ (AfD). Auf Initiative des Landesvorstandes hat die AfD Marco Trauten mit sofortiger Wirkung seiner Parteiämter enthoben. Der Vorstandssprecher des Essener Stadtverbandes hatte sich im Internet zu einem unhaltbaren Vergleich verstiegen zwischen der Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten und dem Aufruf Antifaschistischer Gruppierungen, den Wahlkampf der AfD zu stören. Trauten hatte sich dazu eines Boykott-Aufrufes der Nazis gegen Juden vom März 1933 bedient.
„Es war nie meine Absicht, die Gräueltaten der Nazis gegenüber den Juden mit unserer Situation zu vergleichen“, sagte Trauten gestern im Gespräch mit der WAZ. Eben das macht ihm seine Partei aber zum Vorwurf: Der Vergleich müsse den Opfern des Holocaust und ihren Hinterbliebenen „wie eine Verhöhnung vorkommen“, heißt es in einem Brief an den Zentralrat der Juden in Deutschland, dem sich der Essener Stadtverband ausdrücklich anschloss. Offenbar setzt die AfD auf ein reinigendes Gewitter.
Abschreckende Wirkung für unentschlossene Wähler
Wen wundert’s? Ist Bild, das die Essener AfD zuletzt abgab, doch alles andere als Werbung für eine Partei, die sich gerne im bürgerlich-konservativen Lager verortet. Erst wurde öffentlich, dass sechs ehemalige Kandidaten der rechtspopulistischen Republikaner für die AfD antreten. Dann der Wirbel um den geschmacklosen Nazi-Vergleich von Marco Trauten, dessen Name nach wie vor auf Platz 1 der Liste steht, weil sich das nun nicht mehr ändern lässt. Am rechten Rand mag die AfD damit sogar Punkte sammeln, noch unentschlossene Wähler aber könnte dies abschrecken.
DemokratieChristoph Wilkes, kommissarischer Sprecher des Stadtverbandes, bemüht sich den Eindruck zu glätten: Bei der AfD seien auch ehemaliger Mitglieder anderer Parteien aktiv. Es klingt nicht so, also wolle Wilkes sich von den Rechtspopulisten in den eigenen Reihen distanzieren. Per Pressemitteilung hatte die AfD sich erst jüngst ausdrücklich hinter ihre Kandidaten gestellt. Verfasst hatte die Mitteilung noch Marco Trauten. Christoph Wilkes sagt aber auch, noch sei „nicht zu 100 Prozent klar, in welche Richtung die AfD sich bewegt“. Ist die Alternative für Deutschland also eine Partei auf der Suche? Die Landespartei hat durch Richtungskämpfe von sich reden gemacht. Dazu passt die Äußerung von Marco Trauten, andere wollten sich auf seine Kosten profilieren. Im Juni werde ein schließlich neuer Landesvorstand gewählt. . .
So lange inszeniert Trauten sich als Bauernopfer. Sollte er in den Rat gewählt werden, sagt er, werde er sein Mandat wohl auch behalten.