Essen. Ein unpassender Nazi-Vergleich bringt Marco Trauten, den Vorsitzenden der „Alternative für Deutschland“, vorerst um seinen Essener Chefposten. Die Spitzenkandidatur aber hält er aufrecht.
Es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass man auf privaten Facebook-Seiten viel über einen Menschen lernt. Über Marco Trauten zum Beispiel wäre zu sagen, dass der Raumausstatter aus Werden das Modehaus MM-Couture mag und den Hamburger SV, das Aufwachfernsehen und die Jüdische Allgemeine.
Dass letztere wiederum Trauten sonderlich gut leiden kann, ist nicht zu vermuten, denn der hat in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der „Alternative für Deutschland“ dieser Tage einen Nazi-Vergleich aus dem Hut gezaubert, der ausgesprochen dämlich daherkommt, das „weiß ich mittlerweile auch“, sagt Trauten inzwischen kleinlaut. Er hatte einen Aufruf der Nationalsozialisten zum Judenboykott aus Wikipedia entnommen und umformuliert, um so, wie er sagt, vermeintliche Parallelen zur Antifa-Kampagne gegen die AfD zu ziehen.
"Ganz unglückliche Formulierung"
Trauten entschuldigte sich, aber das war nicht genug: Der Landesvorstand seiner Partei beließ es nicht bei einer Gardinenpredigt für den Raumausstatter, sondern beantragte ein Ausschlussverfahren, das beide Seiten in absehbarer Zeit vors parteiinterne Schiedsgericht führen wird.
Bis dahin geht Trauten automatisch all seiner Ämter verlustig, und seinem bisherigen Vize Christoph Wilkes ist es nun vorbehalten, sich als kommissarischer Vorsitzender der Essener AfD zu winden, von einer „ganz unglücklichen Formulierung“ zu sprechen. Und zu versichern, dass die Nummer mit dem unpassenden Nazivergleich nur auf den ersten Blick gut ins rechtspopulistische Image der Partei hineinpasst, die auch mehrere Ex-Republikanern in ihren Reihen versammelt, darunter den Noch-Ratsherrn Günter Weiß.
Trauten hat jedes Fettnäpfchen durch
Schon wahr, eine Chance auf einen Einzug in den Stadtrat haben diese Rechtsaußen nicht, denn sie tauchen auf der Reserveliste der AfD gar nicht auf. Im Gegensatz zu Marco Trauten, denn der ist Spitzenkandidat und will dies nach eigenem Bekunden auch bleiben. „Ich bin kein Idiot“, lässt er sicherheitshalber noch mal wissen, natürlich habe er keinerlei Analogie zum Holocaust herstellen wollen.
Kommunalwahlen 2014„Irritiert“, zeigt sich Trauten im Gespräch mit der NRZ über seine AfD-Mitstreiter, „ich hätte mehr Rückhalt erwartet“. Auch wenn er weiß, dass er schon mehrfach Anlass für interne Debatten gab, „so langsam“, scherzt er augenzwinkernd, „habe ich alle Fettnäpfchen durch“. Wirklich? Befragt, was er unternehmen will, wenn ihn die AfD am Ende tatsächlich rauswirft, betont Trauten, dass er sein Ratsmandat auf jeden Fall behalten will. Und im Zweifel allein streitet, „oder ich gehe zu den Linken.“ Die werden sich freuen.