Essen. . Stadt will mit neuem „Seiteneinsteiger“-Programm Kinder und Jugendliche spätestens nach 20 Tagen einschulen. Regelung gilt für alle Zuzüge aus dem Ausland.
Wer als schulpflichtiges Kind aus dem Ausland nach Essen kommt, soll spätestens nach 20 Tagen eine geeignete Schule besuchen. Dies sieht ein neues Konzept der Essener Schul- und Sozialverwaltung vor, das bereits seit März gilt und mit dem der zuständige Dezernent Peter Renzel vor allem die Schulpflicht bei der zunehmenden Zahl von Flüchtlingskindern schneller umsetzen will. Nach den ersten Wochen spricht die Stadt von „positiven Erfahrungen“.
Manchmal sind es die kleinen Geschichten, die so wunderbar als Beispiel dienen: Wie die von dem Jungen aus Afrika, einem Flüchtlingskind an der Hauptschule Bochold. Dessen Klassenlehrer Henner Höcker erinnert sich genau: „Nach ein paar Wochen stand der Vater vor mir und wollte wissen, wie es der Junge zum Doktortitel schaffen kann.“ Kinder und Jugendliche aus Flüchtlingsfamilien, diese Erfahrung hat jedenfalls Höcker gemacht, sind meist sehr bildungsorientiert, versuchen sich schnell einzuleben und die deutsche Sprache zu lernen, „viele Kinder sind wirklich sehr ehrgeizig“. Wer in einem Flüchtlingsheim lebt, mag vielleicht Bildung noch stärker als Aufstiegschance begreifen.
Ämter mit steigenden Flüchtlingszahlen überfordert
Um so mehr ärgerte es Bildungs- und Sozialdezernent Peter Renzel, „dass wir viel zu viel Zeit dabei verloren haben, die Kinder und Jugendlichen in unser Bildungssystem zu holen“. Vor allem mit den wieder steigenden Flüchtlingszahlen waren die beteiligten Ämter – Schulamt, Gesundheitsamt, Ausländerbehörde – überfordert, Eltern und Kinder mussten auf Termine warten, die Einschulung verzögerte sich. Schließlich gab Renzel ein Ziel vor: „Das muss in 20 Arbeitstagen zu schaffen sein, wir brauchen mehr Verlässlichkeit.“
20 Tage für die persönliche Erfassung, die Schuleingangsuntersuchung, das Prüfen vorhandener Wissens- und Sprachkenntnisse, die Entscheidung über die richtige Schulform und die Wahl einer Schule, dies alles verbunden mit einer engen Terminierung, mit vielen Rücksprachen mit den Sozialarbeitern in den Heimen, mit Dolmetschern, mit Unwissenheit und Ängsten. „Ein Riesenprogramm“, sagt Regine Möllenbeck, die Leiterin des Essener Schulamtes, „aber wir schaffen es immer häufiger.“
Ein altes, leidiges Thema
Die ersten Ergebnisse seit Einführung des Programms im März seien ermutigend: „Wir sind auf einem guten Weg, vor allem bekommen wir positive Rückmeldungen von den Schulen.“
Wobei die Stadt ihren „Verlaufsplan“ nicht nur bei Flüchtlingen anwendet: Für alle „Seiteneinsteiger“ aus aller Herren Länder, die es aus welchen Gründen auch immer nach Essen verschlagen hat, gilt das Verfahren. Es sind nicht wenige: Über 300 schulpflichtige Kinder und Jugendliche waren es 2013, im ersten Quartal dieses Jahres bereits wieder um die 60, jedes zweite ist im Grundschul-Alter.
Auch bei Pro Asyl lobt man das städtische Engagement: „Schulen sind ein altes, leidiges Thema“, sagt Bernd Brack, es sei besser geworden, die Schulpflicht werde endlich zügig umgesetzt: „Das hilft vor allem den Kindern.“