Essen. Sie kommen ohne ein Wort Deutsch, oft haben sie noch nie zuvor eine Schule besucht. Mit einem besonderen Programm kümmern sich Essener Grundschulen, zum Beispiel in Kupferdreh, um die Kinder der Asylbewerber, die seit dem Herbst neu in die Stadt gekommen sind.
„Seiteneinsteiger“ werden sie genannt, das klingt so ein bisschen nach Erwachsenen und Umschulung, dabei geht es hier um Kinder.
Kinder, die mit ihrer ganzen Familie und noch einer weiteren Familie stets in jeweils einem Zimmer leben, abgetrennt durch Raumteiler. Es geht um die Kinder der Asylbewerber, die seit dem Herbst 2013 in der ehemaligen Dilldorf-Schule leben; der Schulbau, seit 2010 leer, wurde damals zur Behelfs-Unterkunft umgerüstet. Rund 80 Menschen sind dort untergebracht, sie kommen aus Syrien, dem Irak, aus Georgien und Tschetschenien, zum Beispiel. Ihr Aufenthalts-Status ist ungeklärt; niemand weiß, wie lange sie bleiben werden.
"Schule für alle Kinder"
„Als Schule tragen wir Verantwortung“, sagt Sandra Burchgardt, die Leiterin der Kupferdreher Hinsbeck-Grundschule. Das Haus, das sich entschieden als „Schule für alle Kinder“ definiert, hat seit November auch Kinder aus dem Asylbewerberheim in seinen Klassen. Sieben sind es derzeit; an der benachbarten Josef-Grundschule sind es sechs; alle Kinder sind im Grundschulalter zwischen sechs und zehn Jahren. Deutschkenntnisse: null. Schul-Erfahrung: oft auch null. Deshalb nennt man sie „Seiteneinsteiger“.
Wie kann man solche Kinder in den Alltag integrieren? Die Lehrerinnen von Hinsbeck- und Josefschule schauten sich Schulen an, die das schon länger machen: „Seiteneinsteiger“ aufnehmen, die Grundschule Überruhr zum Beispiel. Und dann fingen sie auch in Kupferdreh an: Die Kinder aus dem Asylbewerberheim kommen für einen „Intensiv-Block Deutsch“ täglich früh zusammen, der Block dauert meistens zwei Schulstunden. „Wir verständigen uns mit Händen und Füßen“, sagt Lehrerin Katja Severing-Bianco, die eine Expertin ist für das Fach „Deutsch als Zweitsprache“. „Wir arbeiten viel mit Bild- und Wortkarten, so können wir Grundsätzliches vermitteln. Die Kinder lernen sehr schnell.“
Eltern ins Schul-Leben einbinden
Danach gehen die Kinder in verschiedene Klassen – am besten da, wo gerade Unterricht stattfindet, in dem es nicht nur um Sprache geht: Sport, Kunst oder Musik. Genauso wichtig ist es, dass die Kinder und ihre Eltern ins komplette Schul-Leben eingebunden werden: beim Zirkusprojekt mitmachen, zu den Schulfesten kommen, ihre Kinder mit zum Schlittschuhlaufen schicken. „Mit den Eltern“, sagt die Schulleiterin Sandra Burchgardt, „klappt es gut.“ Den Asylbewerberkindern ein Leben mit Lernen und Entwicklung zu ermöglichen, findet die Pädagogin, „ist eine Aufgabe für den gesamten Stadtteil.“ Entsprechend engagiert gehe die gesamte Elternschaft zur Sache - mit Spenden, ehrenamtlicher Hausaufgabenbetreuung, mit Vorlesestunden.